(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Sommer 1936, Heft 1

Hodizeitszug Lid1U,ild: Dr. Hans Hannau, Steyr BAUERNHOCHZEIT IN OBERÖSTERREICH Von Dr. Hans Hannau, Steyr „Heirat in Eil' bereut man rn.it Weil'", sagt ein altes Sprichwort, das sich der oberösterrei– chische Bauer zumeist redit zu Herzen nimmt, wenn er ans Heiraten denkt. Vorsichtig geht er ans Werk; reine Liebesheiraten sind selten, denn Herzensangelegenheiten werden meist erst in zweiter Li11ie in Betrad1t gezogen. Vorerst werden die wirtsdrnftlichen Grundlagen für eine gecleih– lidie Zukunft mit den Angehörigen erwogen. Und sind sie sid1 darüber einig, daß ein besfünm– ter Betrag und entspred1end Grimcl dazu not– wendig sind, wird ein erfahrener Verwandter oder Bekannter als „Heiratmad1er" heran– gezogen, der nun auf Brautsd1au zieht, nacl1 heiratsfähigen Töditern fragt, die Mitgift aus– kundschaftet, zwischen versdiiedensten Möglich– keiten und Aussiditen erwägt, mit den Eltern der Mädcl1en verhandelt, vom Ergebnis dem Heiratslustigen und dessen Eltern Mitteilung madit, bis endlich eine bestimmte Wahl getroffen ist und die „Beiständer", d.ie beiderseitigen Ver– wandten, zur Bespredumg der Geldfragen zu– sammenkommen. Ja, ,,Heiraten ist nid1t Kappen– tauschen". Nun heißt's aber in allen Ehren sich für die Ehe vorbereiten! Eine etwa bestandene Lieb– sdiaft ,vird gelöst und der Freier betritt das Haus der „Zukünftigen" , um mit ihr nad1 altem Braud1 aus einer Sd1Üssel zu essen . Selten, ganz selten geben dann noch sold1erart besprod1ene Verlobungen auseinander. Ein Notariatsakt be– siegelt zumeist alle Vorbereitungen und auf sold1 sicherer Grundlage werden die endgültigen Vor– bereitungen zur Hod1zeit getroffen. Im Haus der Braut beginnt nun ein reges Leben: die Brautmutter hat alle Hände voll zu tun, um die „Primiß", die Ausstattung der Tod1ter fertigzustellen. Verpflichtet schon das Ansehen im Orte, möglichst viel „mitzugeben", ist die Aussteuer aud1 keine Privatsache, sie wil·d ausgestellt schon Wochen vor der Hod1zeit iln Elternhause, all die sd1ön bemalten Truhen und Kasten, die Betten, das Gesdiirr, Leinwand und Wäsche; und die Verwandten und Bekannten kommen sie betrachten, nid1t ohne selbst Gaben und Angebinde mitzubringen ; das ist so Braud1. Um diese Zeit zieht der Hochzeitlader, der ,,Bittlmann" , wie er im Step·- und Ennstal heißt, zumeist ist es derselbe, der aud1 schon den ,,Heiratmacher" abgab, umher 1md ladet Ver– wandte und Bekannte zur Hodneit. Von weitem erkennt man ihn an seinem althergebrad1ten Aussehen, dem hohen Zylinderhut mit dem Ros– marinsträuRlein, dem langen Frack, il1 der Hand einen Stab, an dem bunte Bänder flattern. In überaus gezierter, langatmiger Form bringt er 49

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