(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Sommer 1936, Heft 1

· Ein gotisches Kunstjuwel • lfil Lande Von Chefredakteur J o s e f D an z er. Die zwei edelsten Perlen des stolzen Kunstbesitzes unseres Landes aus der Zeit der späten Gotik bilden die zwei Fliigelaltäre in Kefermarkt und St. Wolfgang. Beide sind dem heiligen Bischof Wolfgang von Regensburg zu Ehren errichtet worden, wenn auch der in der St. Wolfganger Kirche der Hauptdru·stellung des Schreines nach als Marienaltar gelten muH : Mariä Krönung. Ein Adels– geschlecht des Landes hat das Wunderwerk des Kefermarlder Altares gestiftet, Stifter des Altares in St. Wolfgang war ein damals blühendes Benediktinerstift des Landes, die Abtei am Mondsee. Beide Altäre sind hochragende Zeugen einer Zeit, da Kirchenbau und Kirchenschmuck in unserem Lande eine uns heute kaum faßbare Blütezeit erlebt haben. Während wir beim Kefermarkter Altru· auf der Suche nach dem Meister noch immer im Dunkeln tappen, kennen wir beim Wolfganger Altar den großen Künstler, der ihn geschaffen hat, den Meister Michael Pacher aus Bruneck in Tirol. Es ist ein seltener Glücksfall in der heimischen Kunstgeschichte, daß der Originalauftrag des Abtes Benedikt von Mondsee an den Künstler, datiert vom Luzientag - das ist der 13. Dezember - des Jahres 1471 bis heute sieb erhalten hat. (Landes– archiv Linz.) Und an dem unteren Rahmenleisten der Außenseite der Vorderflügel des Altares ist die Inschrift zu lesen: Benedictus abbas in monsee hoc opus fieri fecit ac complevit per magistrum Michaelem Pacher de prawnegk Anno domini MCCCCLXXXI, zu deutsch: Abt Benedikt von Mond– see ließ dieses Werk machen und vollenden durch Meister Michael Pacher aus Bruneck im Jahre des Herrn 1481. Der Meister wru· persönlich in Mondsee, ais er mit dem Abt den Vertrag abschloß . Er hat verschiedene Skizzen mitgebracht, die sich auf die gemalten Bilder bezogen und die anscheinend alle genehmigt w·urden. Im Vertrag ist in der Hauptsache von den Schnitzwerken die Rede. Gute und haltbare Arbeit war wiederholt verlangt, immer ist von „guet Gemäl" die Rede. Daß Pacher diese Bedingungen in echter handwerklicher Redlichkeit eingehalten hat, dafür legt der Altru· heute noch Zeugnis ab. Uber den Transport war vereinbart, daß der Meister den Altar auf seine Kosten und Gefahr bis Braunau schaffen mußte, von da weg mußte das Stift Mondsee den Transport über Land bewerkstelligen. Pacher selbst besorgte mit seinen Gesellen in St. Wolfgang die Aufstellung seines Werkes. Das herrliche Werk, das mit seinen Gemälden und Schnitzwerken seit 455 Jahren bis auf den heutigen Tag unversehrt erhalten ist, bildet das größte Ruhmesblatt im ganzen reichen Schaffen des Meisters. Der Pacberaltar in St. Wolfgang ist ein sogenruu1ter Flügelaltar. Den Mittelpunkt bildet der SclHeu1 mit der geschnitzten Darstellung der Krönung Mariä. Dieser Sclu·ein kann durch doppelte Flügeltüren, die Malereien tragen , geschlossen werden. Erst bei geschlossenem Schrein werden die beiden herdichen Ritter sicbtbru·, die Wächter des Schreines. Die Krönung bildet ein reichgesclmitztes, in Türmchen auslaufendes Giebelwerk, das sogenannte Gespreng. So steht der Altar seit 455 Jahren im Priesterchor der Kirche von St. Wolfgang. Durch die breiten gotischen· Fenster kommt von beiden Seiten Licht herein, sein Giebelwerk gebt über in das zierliche Maßwerk des gotischen Gewölbes. 28

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2