(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 2. Jahrgang, Sommer 1935, Heft 1

Alt-Gmundener Scbneiderspott-Krüge. von 1790, 1840 und 1750 Lichtbild: Otto Kuiser, Linz kunst, daß der Kunsthandwerker und sein Kunde nicht sozusagen chuch eine spanische Wand von ei nander geschieden sind, sondern daß der Käufer in die Werkstätte des Künstlers kommt, um einen für seine persönlichen Bedürfnisse be– rechneten Gegenstand zu bestellen. Der Künstler schafft also nicht (wie heute in den meisten Fällen) in s Blaue aus dem Jalwe J ?54 prangt heute in der reichen Alt-Gmundener Sammlung dei- oberösterreichi– schen Landesmusemns. Oder es kommt ein vornehmer _junger ßarock– kavalier und bestellt sich einen schön en Krug. der eine galante Huldigung für die Dame seines Herzens clarstellen soll. Er soll nämlich einen Vers des römischen hinein, sondern för eine bestimmte Person und för einen be– stimmten Anlaß. Da tritt z.B. ein stattlicher Bäcker in den Laden und sagt zmn Meister: „Mal' mir einen Krng mit den Zeichen meines Handwerks und mit dem Bild meinei- Na– menspatrons, des hei– ligen Märtyrers Ste– phanus, dazu die An– fangsbuchstaben mei– nes Namens und das Jahr." Es geschieht; und der mit der Dar– stellung der Steinigung des Protomartyrs so– wie mit der Darstel– hmg von Brezeln, Wecken und Kipfeln bunt bemalte Krug Buden des nebenstehend abgebildeten Ofenmodells (Hafner an der Drehsd1eibe) Lid1tbild : Alois Sdnrn.rz, Linz Dichters de1· Liebe Pu.blius 0vidius Naso enthalten , der da lau– tet: ,,Omnia vi ncit amor et nos cedamus arnori" (d. h. ,,Alles besiegt die Liebe und so woll en auch wii· der Liebe 11ad1geben"). Dazu soll der Maler <lie damals bekannten v ier Erdteile malen (wir befinden uns nämlich im Jahre J ?54), die huldigend ein Stand.bild des Amor umstehen. Damitnicht genug,bestellt derver– liebte Kavali er als Untersd1rift des Bildes auch noch eine deut– sche lJbersetJtmg j e- 11 es lateinischen Hexa– meters, und zwar in 46

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