(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 2. Jahrgang, Sommer 1935, Heft 1

DER MUSIKANT GOTTE§ Von Fr an z X a ver M ü 11 er Hellkeusches Licht flutet durch das Münster zu St. Florian . Das Wlmdervolle Ebenmaß Car– lonisd1er Baukunst tritt nun so recht hervor und der freudige Rhythmus des üppigen Barock smwingt von Säule zu Säule, von Wand zu Wand. Aus der Höhe herab griillen die lichten Fresken Altomontes, vom Chorgestühle her die Sclmi~kunst Jeggs und der Reigen seliger Puttis, von den Emporen die Stuckdraperien Biankos und von den Flanken des Gotteshauses der fest– lime Kranz von Marmoraltfüen und Mru,mor– pforten : wahrlich eine großartige Symphonie für Geist und Auge. Docl1 hord1 ! - Was tönt nun so feierhcl1 mild an lmser Olw? Orgell<länge wie aus höheren SphiiTen, berückende Offen– barungen einer verziickten Seele. Acl1, seht ihn dort, den Meister Antonius, wie er gottrunken sein Loblied singi. Ganz erdentrückt überläßt er sich den Inspirationen seiner heiligen Muse. - Wer nidit das Gliick hatte, dem Meister an der Königin der Instrumente zu lauscl1en, dem wird man dessen Kunst nie so recht begreifhcl1 machen könn en, nämlich diese erhabene Weihe J8 und Schönheit und die imponierende Gestal– tungskraft! ld1 kann es bezeugen , daß Bruckner in der Kirche, zumal wenn er an den Orgeltisch trat, alles Erdisd1e und Profane zu verlieren schien. Ein Priester - so kommt mir vor - kann ni cht durchgeistigter sein und konzentrierter zum Al– tare treten als der Spielmarm Gottes an die Orgelbank. Das war übrigens nicht zu Wlmdern , denn die religiöse Note in Brudmers Klmst und Leben hatte eine so helle Resonanz, daß sie alles an– dere strahlend übertönte und zuriickclrängie. Er, der den tiefgläubigen Sinn mit der Muttermilch eingesogen , blieb sich in seiner religiösen Uber– zeugung, in der demütigen Gottverbundenheit immer gleich. Weder Zei{ noch Alter oder die geänderten Ortsverhältnisse, weder Erfolge noch Enttäuschungen waren imstande, hier eine An– derung zu schaffen . Wie er's als Sängerknabe zu St. Florian hielt, so aud1 als Jungmann , als Lehrer und Organist, als Meister und Künstler. Und selbst auf dem heißen Boden der Großstadt

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