800 Jahre Schlüsselhof - 80 Jahre Schlüsselhofsiedlung

30 zwar kaum jemand, über die tatsächliche militärische Lage offen zu sprechen – allzu drastisch waren die bekannten Maßnahmen wegen „Wehrkraftzersetzung“, aber die zunehmende Hektik und Nervosität bei den hier stationierten Soldaten blieb auch den Bewohnern der Siedlung nicht verborgen. Außer den letzten Durchhalteparolen aus dem Volksempfänger-Radio erfuhren die Bewohner auch durch verbotenes Abhören von „Feindsendern“, dass die US-amerikanischen Truppen schon in Oberösterreich waren und dass auch die sowjet-russischen Truppen aus Richtung Wien immer näher rückten. Eine der größten Sorgen der Siedlungsbewohner war daher, ob unser Gebiet von den Amerikanern oder von den Russen besetzt würde. Natürlich hatten alle vor den Russen die meiste Angst. Auch rund um die Fachschule herrschte in dieser Endzeit zu manchen Stunden hektisches Treiben, wenn sich dort die als letztes Aufgebot einberufenen Volkssturm-Einheiten gemeinsam mit HJ-Jungen zu Übungen mit Panzerfäusten versammeln und ausrücken mussten. In den letzten Apriltagen 1945 gingen viele Siedlungsbewohner dazu über, ihre wenigen Habseligkeiten (etwas wertvollere Radiogeräte, Bettzeug, aber auch Lebensmittel) im Keller unter Sägespänen, am Dachboden unter Heu zu verbergen, ja selbst Geschirr in der Wassergrube zu versenken. 5.5.1945 – US-Einmarsch und Einquartierungen Am 5. Mai 1945 war es dann so weit. Am frühen Vormittag hörten die besorgten Bewohner der Siedlung das Dröhnen schwerer Fahrzeuge, die vom Tabor über den Blümelhuberberg herab kamen. Offenbar waren nicht nur amerikanische Truppenfahrzeuge sondern auch Panzer darunter. Es hätte aber niemand aus der Siedlung gewagt, sich dieses „Schauspiel“ anzuschauen. Vielmehr verharrten die Menschen mit Herzklopfen in ihren Häusern, ungewiss, was da nun kommen würde. Allenfalls eilte einmal ein Nachbar zum anderen, um das neueste Gerücht zur Lage zu erfahren oder weiter zu geben. Wenige Stunden später hörte man auch amerikanische Jeeps, die durch die Siedlung fuhren, bei jedem Gartentor stehen blieben, worauf ein amerikanischer Soldat ein Kreidekreuz auf dem Tor anbrachte. Kurz darauf fuhr wieder ein solches Fahrzeug vor und ein deutsch sprechender US-Soldat verkündete den Bewohnern, dass in den Häusern US-Soldaten einquartiert würden und daher die Bewohner – nur mit den wichtigsten Habseligkeiten versehen – ihre Häuser

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