800 Jahre Schlüsselhof - 80 Jahre Schlüsselhofsiedlung

26 Die Straßen waren bis 1955 nur geschottert und wurden etwa ein Mal jährlich frisch gewalzt, wobei in den ersten Jahren noch eine echte Dampfwalze der Stadtgemeinde die Kinder zum Staunen brachte. Die geplagten Hausfrauen hatten daher bis zur Asphaltierung der Straßen ihre liebe Not mit dem Staub. Die gängigsten Verkehrs- bzw. Transportmittel waren das Fahrrad und der Leiterwagen . Eine Ausnahme war nur der alte Herr Meixner , der auf seinem Fahrrad mit surrendem und qualmendem Sachs-Hilfsmotor täglich zur Arbeit fuhr – für uns Kinder immer wieder ein Grund zur Bewunderung! Erst ab etwa 1955 machten auch in der Siedlung die ersten Mopeds Furore. Privat-PKW waren in den 40er- und 50er-Jahren in der Siedlung praktisch nicht vorhanden. Lediglich Herr Josef Heumann hatte nach Kriegsende einen Militär- Schwimmwagen aus der Enns bergen und herrichten lassen, womit er dann gelegentlich auch eine Ausfahrt machte. Zum Vergleich: Heute kommen in der Siedlung auf dzt. 55 Häuser etwa 60 Autos. 1938 – 1939 – 1945 Die Siedlung in der Weltkriegszeit Noch in der Phase der letzten Fertigstellungsarbeiten in der Schlüsselhofsiedlung kam es in ganz Österreich zum großen politischen Umsturz vom 13.3.1938 durch den Anschluss an das deutsche Reich und den Einmarsch der deutschen Truppen Damit änderte sich auch Vieles am Zusammenleben in der Siedlung: Manche Bewohner waren enthusiastisch, viele waren verunsichert bzw. standen der politischen Situation ablehnend aber machtlos gegenüber. Die neue Lage veranlasste viele Mitbewohner zur Vorsicht bei ihren Äußerungen, und viele wurden auch von Misstrauen gegenüber den nächsten Nachbarn beschlichen. Dass zu vielen von den Machthabern erdachten Anlässen so gut wie jedes Siedlerhaus mit einer Hakenkreuzfahne geschmückt war, war nicht immer auf die politische Gesinnung der Bewohner zurück zu führen. Es handelte sich vielmehr um eine angeordnete Beflaggungspflicht, der sich kaum jemand zu widersetzen wagte. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 traten bald auch neue Schwierigkeiten auf. Nahrungsmittel und Artikel des täglichen Konsums wurden bewirtschaftet. Mit fortschreitender Dauer des Krieges wurde es auch im Siedlungsbereich immer dringender, jede noch so kleine Möglichkeit zu nutzen, um aus dem Garten für die Ernährung Brauchbares zu gewinnen. In vielen Häusern fehlte plötzlich der Sohn oder auch der Ehemann, der einrücken musste. Dann kamen auch immer wieder Todesmeldungen, die das Leid der Bewohner noch vergrößerten. Somit ruhte oft die meiste Arbeit auf den Schultern der Hausfrauen.

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