Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

93 In den Monaten Februar und April wurden Soldaten verschiedener Re- gimenter in der Stadt einquartiert. Im Juli nahm der Magistrat die Vorberei- tungen zur Verteidigung der Stadt in Angriff. Im Auftrage der Landstände ließ er nach den Plänen des Hof- und Gerichtsadvokaten Wenzel Gall Schanzen und andere Befestigungsanlagen an der Enns aufführen (Fischhub — Plenkel- berg — Ennsleite — Jägerberg) und einen Palisadenwall um Ennsdorf legen. Am 11. Juli rückten fünf Kompanien vom Württembergischen Regiment zur Verteidigung der Ennslinie in Steyr ein. Für die Ausrüstung der waffenfähigen Bürger, die „unter einen Fahn“ in Kompanien eingeteilt wurden, bestellte die Stadt 400 Musketen bei Mit- termayr von Waffenberg und legte einen Vorrat an Lunten, Pulver und Blei an. Das Schießpulver lieferten in Steyr ansässige Pulvermacher aus ihren Be- trieben an den Ufern der Steyr ( „Pulverstampf“). Hundert ledige Burschen wurden zum Waffendienst und für Schanzar- beiten ausgemustert, die Wachen an allen Toren vermehrt und für die schweren Geschütze („Stuck“) und Doppelhaggen Kugeln und Kartätschen angefertigt. Die Stadt vergrößerte aber auch ihre Bestände an Brotgetreide und forderte alle auswärtigen Fleischhacker, Müller und Bäcker auf, ihre Pro- dukte „ungeacht der gemacht und bisher beobachteten Ordnung“ in die Stadt zu bringen. Wie im Jahre 1663 blieb auch diesmal die Eisenstadt vom Feind ver- schont. Am 15. September langte in Steyr die Siegesnachricht ein. Der Stadt- richter Athanasius Schühel berichtete in einem Schreiben aus Linz, „daß Wien entsetzt und der Erbfeind mit Hinterlassung aller Stuck, Munition, Proviant, Bagage und Zelten weggeschlagen und in die Flucht getrieben worden“. Blieben der Stadt in diesem Jahre Kriegshandlungen und damit Opfer an Gut und Blut erspart, so litt sie dennoch schwer unter den hohen Defen- sions-Unkosten, die 7234 Gulden betrugen und nur zu einem geringen Teil von der Regierung rückerstattet wurden. Im Jahre 1686 standen auf den Ennsdorfer Gründen noch immer 2739 Palisaden, die der Magistrat als Brennholz verkaufte. Die in den nächsten Jahrzehnten erkämpften Siege der kaiserlichen Ar- mee unter Prinz Eugen wurden in Steyr regelmäßig mit einem festlichen Dankgottesdienst, einige Male auch mit einer Prozession gefeiert.

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