88 Die zum Versand bestimmten Güter wurden auf der Stadtwaage (Schnellwaage im Rathaus) abgewogen. Die Handelsleute mussten hierfür dem Waagmeister eine bestimmte Gebühr entrichten. Auf Grund des Waagzettels wurde von der Stadtmaut, deren Personal aus Mautner, Schreiber und Beschauer bestand, die Mautgebühr eingehoben und ein Mautzettel ausgestellt. Nur mit dieser Bescheinigung konnten Handelswagen oder Gratltrager die Stadttore passieren. Neben der Stadtmaut bestand in Steyr eine Brücken- und Pflastermaut Sie wurde erst am 1. Jänner 1920 aufgehoben. Auf den Landstraßen überwachten berittene Organe, die „Überreiter“, den Handelsverkehr. Sie kontrollierten vorwiegend den Eisen-, Salz- und Tabakhandel (z. B. Eisen-Überreiter). Häufig beschwerten sich die städtischen Kaufleute über die aus Savoyen zugereisten Hausierer, aber auch über ledige Mädchen, die ihre Strick- und Häkelerzeugnisse heimlich verkauften. Um diese Zeit tauchen auch neue Kleinhandelsberufe auf: Betenkrämer (Händler mit Rosenkränzen), Materialisten, Holzkrämer und Weißwarenhändler. Um 1690 bestanden in der Stadt 97 Gewerbe, die von 332 selbständigen Handelsleuten und Handwerkern ausgeübt wurden. Am 4. Februar 1698 verfügte der Kaiser die „Bürgerliche Gewerbsabteilung in der Stadt Steyr“, wodurch die Handelsleute in zwei Gruppen, und zwar in Gschmeid- und Nagelhändler einerseits und in Tuch-, Seiden- und Spezereihändler anderseits getrennt werden sollten. Da die Durchführung dieser Resolution nur geringe Fortschritte zeigte, wurde 1701 der Magistrat vom Landeshauptmann bei 100 Reichstaler Pönfall aufgefordert, die „Gewerbs-Separation“ beschleunigt zu bewerkstelligen. Kaiser Leopold I. bewilligte am 28. November 1699 der Stadt die Abhaltung eines zweiten Jahrmarktes, der im Herbst des Jahres 1700 um Michaeli (Michaeli-Markt) zum ersten Male durchgeführt wurde. Die Steyrer Jahrmärkte hatten aber schon stark an Bedeutung eingebüßt. Die Abwicklung der großen Außenhandelsgeschäfte vollzog sich auf den Linzer Messen zu Ostern und Bartholomäi. Der Beginn des Marktes wurde in Steyr mit der großen Glocke der Stadtpfarrkirche von 11 bis 12 Uhr eingeläutet und gleichzeitig unter dem Pauken- und Trompetenschall der Stadtturner die Marktfreiung aufgestellt. Gerichtsdiener oder Zimmerleute errichteten den „Freibaum“, an dem die
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