Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

83 Das Bürgerrecht Wer in Steyr Bürger werden wollte, musste um das Bürgerrecht schrift- lich beim Rat ansuchen und die Geburtsurkunde, den Lehrbrief, den Abschied sowie eine Bestätigung über die Glaubenszugehörigkeit vorweisen können. Jeder Bürgerrechtsbewerber hatte durch die Vorlage des Geburtsbrie- fes, „weilen es bei der Stadt ein alter Gebrauch und Gewohnheit“, seine ehe- liche Geburt nachzuweisen. Im 16. Jahrhundert wurde dieser Nachweis durch Zeugen erbracht. Der Lehrbrief bezeugte die Ausbildung im Beruf. Bei Aufnahme neuer Gewerbetreibender wurde auch der zuständige Handwerksverband zur Stel- lungnahme aufgefordert, doch fällte die letzte Entscheidung der Rat. Der Vorweis des „Abschiedes“ wurde von solchen Personen gefordert, die in einer anderen Stadt bereits das Bürgerrecht besessen hatten. Dieses Schriftstück brachte zum Ausdruck, dass der Supplikant ordnungsgemäß aus dem Bürgerverband der fremden Stadt entlassen wurde. Die Bestätigung über die Glaubenszugehörigkeit verlangte schon 1567 die protestantische Kirchenordnung. Die Zugehörigkeit zur katholischen Re- ligion wurde nach der Gegenreformation durch den Beichtzettel nachgewie- sen. Der angehende Bürger musste verheiratet sein oder sich innerhalb ei- ner bestimmten Frist verehelichen und ein Haus im Burgfried besitzen. Im Jahre 1471 verlangte eine kaiserliche Verordnung, dass nur „behauste“ Bür- ger Handel und Gewerbe ausüben dürfen. Kurze Zeit hernach forderte man vom Bürgerrechtsanwärter den Erlag eines festgesetzten Geldbetrages zu Rats Randen bis er einen eigenen Hausbesitz erworben. Die Anordnung des Magistrates vom Jahre 1663, wonach hinkünftig kein unbehauster „Handwerker noch Fasszieher als Bürger oder Mitbürger“ aufgenommen werden könne, wurde eine Zeitlang streng gehandhabt. Diese Verfügung ist noch insofern von Interesse, weil sie auch den Hausbesitz au- ßerhalb der Stadt anerkannte und Ausnahmen für Handwerksleute gestat- tete, die in der Stadt dringend benötigt wurden. 1672 bestrafte man Bürger, die sich noch nicht angekauft hatten, mit Arrest und 1689 verlangte der Rat von unbehausten Bürgern 100 Gulden „loco cautionis auf das Ratshaus“. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm man von der „häusli-

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