Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

72 Die Gesamtleitung der Hauptgewerkschaft war zwölf Vorgehern über- tragen. Sie wurden auf zwei Jahre gewählt, und zwar vier aus jedem Gewerk- schaftsglied. Den Vorsitz bei Verhandlungen der Vorgeher führte der Ober- vorgeher. Die Gebarungs-Überwachung stand dem 1626 in Eisenerz errichteten landesfürstlichen Kammergrafenamt zu. Der neuorganisierte Betrieb gedieh halbwegs nur einige Jahrzehnte (1630 bis 1646, 1652 bis 1659). Bald aber brachten Geldmangel, Absatzsto- ckung, Uneinigkeit und Unredlichkeit der Mitglieder und Beamten, aber auch der wirtschaftliche Tiefstand der Stadt Steyr und andere Umstände die Hauptgewerkschaft fast an den Rand des Abgrundes, sodass schon 1669 und 1678 Reformen notwendig wurden. Die trostlose Finanzlage zwang die Stadt Steyr, die Zahlung ihrer Er- trägnisse von der Hauptgewerkschaft strikt zu fordern, aber nicht jedes Jahr erhielt die Stadt die ihr zustehende Erträgniszahlung. Die Gewerkschaft, die Lebensmittel nicht nur aus den Proviant-Wid- mungsbezirken, sondern Getreide auch aus Böhmen und Bayern bezog, la- gerte das vorrätige Getreide in eigenen Gebäuden. Sie kaufte zu diesem Zweck, wie schon erwähnt, den Innerbergerstadel, 1645 das Lugerische Haus am Berg (Handel-Mazzetti-Promenade Nr. 29) undmietete von 1654 bis 1669 Räume im Neutor. Bauernkrieg und Einquartierungen Im großen Bauernkrieg 1626 stand Steyr auf Seite der Bauern. Der Stadtrichter Wolfgang Madlseder und Dr. Lazarus Holzmüller waren in der Eisenstadt die einflussreichsten Männer. Ende Mai lagerten 40.000 Bauern, ausgerüstet mit 20 Kanonen, auf der Taborhöhe. Ihr Führer Stephan Fadinger fand im Hause des Stadtrichters (Stadtplatz Nr. 39) gastliche Aufnahme, führte im Stadtrat den Vorsitz, ließ die Bürgerschaft schwören, den Bauern „in allem untertänig“ zu sein und zog dann mit seinem Heer gegen Linz. In Steyr beließ er eine 400 Mann starke Besatzung unter dem Kommando des Laakirchner Wirtes Neumüller. Schon am 5. Juli erlag Fadinger zu Ebelsberg einer Verwundung, die er sich bei der Belagerung von Linz zugezogen hatte. Ende Juli traf Achaz Wiellinger, der Nachfolger Fadingers, mit 2000 Bauern in Steyr ein. Die Bauern, denen sich

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