Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr

71 „Mühselige Zeiten“ Die Innerberger Hauptgewerkschaft Die religiösen und politischen Begebenheiten wirkten sich auf das Eisenwesen überaus ungünstig aus. Im Jahre 1620 lagen über 300.000 Zentner Eisen und Stahl auf Abnehmer wartend in Steyr. Die wöchentliche Roheisenerzeugung sank 1625 um mehr als 50 Prozent. Um dem darniederliegenden Eisenwesen wieder neuen Aufschwung zu verleihen, wurde im August 1625 die Errichtung einer Innerberger Hauptgewerkschaft, die die Rad- und Hammermeister sowie die Steyrer Eisenhandlungsgesellschaft (Eisenkompanie) als Verlagsbetrieb vereinigen sollte, beschlossen und nach kaiserlicher Ratifikation im Oktober als „Kapitulation über die neu eingerichtete löbliche Hauptgewerkschaft der Stachel- und Eisenhandlung im Lande Steyr und Österreich“ kundgemacht. Diese Organisation bildete eine „Erwerbsgesellschaft auf Gewinn und Verlust“. Die Einlagen im Gesamtbetrage von 744.782 fl. 23 kr. setzten sich wie folgt zusammen: Radmeister 155.774 fl. 33,5 kr. Hammermeister 240.275 fl. 56,0 kr. Eisenkompanie 348.731 fl. 53,5 kr. Die Verzinsung der Einlagen erfolgte mit fünf Prozent, außerdem wurden Ertragsanteile zugesichert. Die Einlagen der Eisenkompanie waren ihre Forderungen an die Radmeister und an die österreichischen und steirischen Hammermeister. Diese Neuordnung des Eisenwesens erregte die Unzufriedenheit vieler Gewerken. Sie war nach ihrer Meinung „eine teure Mahlzeit, zu der mancher arme Gast genötigt wurde, nur damit das Haus voll werde“. Eigene Beamte („Gewerkschaftsoffiziere“) verwalteten die Hauptgewerkschaft. St. Gallen war Amtssitz der landsteirischen, Weyer der landösterreichischen Hammermeister. Bis zum Jahre 1669 beherbergte Steyr die Hauptbuchhaltung und die Hauptkasse. Hier befanden sich ferner ein Obersekretär, ein Kastner, ein Pfundauswäger, zwei Zeugsempfänger, ein Zeugsverhandler, ein Zeugsbeschauer und ein Eisenkämmerer.

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