Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr
59 Im Jahre 1576, etwas später als die Lateinschule, sie konnte imNovem- ber 1575 wieder bezogen werden, wurde das an der seit 1524 bestehenden oberen Ennsbrücke gelegene Neutor in seiner heutigen Gestalt fertiggestellt. Als „obristen“ Baumeister dieses mächtigen Doppeltores nennen die Ratsprotokolle Jakob Späz Marconi. Über dem Ostportal erinnert noch heute eine lateinische Inschrift an das Hochwasser des Jahres 1572. Starke Regenfälle ließen auch den harmlosen Teufelsbach (Sabinicha, Sarmingbach), der vor 1550 noch durch die Ortschaft Reichenschwall der Enns zufloss, mächtig anschwellen. Da er aber dadurch im Hundsgraben häu- fig arge Verwüstungen anrichtete, wurde er zwischen dem Gut Neulust und dem Quenghof zur Steyr abgeleitet. Die deutschen Schulen Die Verbreitung von Druckwerken, der erweiterte Handelsverkehr so- wie die Reformation drängten in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur Einführung eines besonderen Volksunterrichtes, der neben religiösen Unter- weisungen die elementaren Kenntnisse des Lesens, Schreibens und Rech- nens vermitteln sollte. So entstanden auch in Steyr neben der Lateinschule zwei „deutsche Schulen“, von denen die eine im „Gemeinen Kasten“ (Berggasse Nr. 14), die andere nach 1560 im alten Lateinschulgebäude (Berggasse Nr. 46) unterge- bracht war. Im Jahre 1577 wurde diese Schule in das Neutor verlegt, wo sie über 200 Jahre verblieb. Von 1567 bis 1594 wirkte an dieser Schule der be- kannte Schul- und Rechenmeister Kaspar Thierfelder aus Freiberg in Meißen, der 1587 ein Rechenbuch herausgab. In der Vorstadt Steyrdorf wurde 1590 eine Schule eingerichtet, jedoch nach sechs Jahren wieder aufgelassen. Wie die Lateinschule so standen auch diese Unterrichtsanstalten völlig unter protestantischem Einfluss, weshalb im Zuge der Gegenreformation an diesen Schulen zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Unterricht eingestellt wurde. Man eröffnete sie aber wieder 1608/1609, als der Kaiser den Protes- tanten die ungehinderte Religionsausübung gestattete. Deutsche Schulmeis- ter unterrichteten nun auch in Ennsdorf und Aichet. Neben den eigentlichen Stadtschulen bestanden zeitweise auch Win- kelschulen, die aber die Schulmeister heftig bekämpften, weil sie ihre kargen Schulgeldeinnahmen empfindlich schmälerten.
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