Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr
105 eine kaiserliche „Betl Ordnung“, ab 1727 bestanden eigene Kommissionen, die sich der Armen und Verwahrlosten anzunehmen hatten. Die „müßigen Bettler“ waren nach dem Landschaftspatent vom 26. September 1730 in die Linzer Wollspinnerei einzuweisen. Die Stadtobrigkeit ließ seit diesem Jahre regelmäßig Almosen sammeln und gab sie in die Armenkasse. Doch auch hier zeigten sich Unzukömmlichkeiten. 1734 bedauerte der Rat, dass sich „in den Almosen Pixen“ viel falsches und „ungäbiges Geld“ vorfinde. Die Viertelmeis- ter erhielten den Auftrag, den „Einsammler“ zu begleiten und das Geld, ehe es in die Büchse gegeben wurde, zu überprüfen. In der Zeit nach 1746 befassten sich noch etliche Patente mit der Bett- lerfrage. Eine weitgehende Besserung aber brachte erst das von Kaiser Josef II. begründete „Armen-Institut“, das in Steyr im Jahre 1784 eingeführt wurde. Der große Stadtbrand In den Jahren 1713 bis 1715 wütete im Lande ob der Enns zum letzten Mal die Pest. Unsere Stadt wurde vom September bis Mitte November 1713 von dieser Seuche heimgesucht. Die Zahl der Todesopfer war nicht sehr groß. Zum Dank für die Errettung aus der Pestgefahr errichteten die Bürger am Fuße des Schnallenberges das Messererkreuz, heute Mariensäule auf dem Wieserfeldplatz, und vor dem Pfarrtor eine schöne barocke Dreifaltig- keitssäule, die später in der 1764/1765 angelegten „Garstner Allee“, heute Leopold-Werndl-Straße, aufgestellt wurde. Vierzehn Jahre später, am 29. August 1727, erlebte die Stadt ihre größte Feuersbrunst. An diesem Tage vernichteten die Flammen fast ganz Ennsdorf, die Steyr- und untere Ennsbrücke, Häuser der Enge, des unteren Stadtplatzes und in der Berggasse. Die Kirche und das Kloster der Cölestine- rinnen sowie die Burg erlitten schwerste Schäden. Kaiser Karl VI. unterstützte die Stadt beim Wiederaufbau der zerstörten Objekte. Der damaligen Bauweise entsprechend, erhielten zahlreiche Bürger- häuser, die vom Brand in Mitleidenschaft gezogen worden waren, anlässlich ih- rerWiederherstellung prächtige Barockfassaden (Enge Nr. 1, 5, 15, 18, 33; Stadt- platz Nr. 4, 5, 7, 9, 12, 30; Berggasse Nr. 26, Haratzmüllerstraße Nr. 4, 10). Dieser Stadtbrand hatte die Einführung einer jährlich wiederkehren- den Dank- und Bittprozession nach St. Florian zur Folge und bewirkte eine
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