Josef Ofner - Die Eisenstadt Steyr
104 durften die Spielleute im Sommer bis 9 Uhr, im Winter bis 8 Uhr abends mu- sizieren. Maskeraden und Tanzveranstaltungen wurden durch Patente der Landeshauptmannschaft häufig untersagt. Um 1730 erlangte eine Musikantengruppe, die die völlige Unabhängig- keit vom Turnermeister anstrebte, erheblichen Einfluss. Es waren vier Bür- ger, und zwar die Messerer Anton und Gregor Kainrad, der Kupferschmied Johann Adam Pitsch und der Pfannenschmied Hans Wolf Gröppl. Das Trommelschlagen bei Verlautbarungen des Magistrates, bei Wer- bungen und anderen Veranstaltungen verrichteten im 18. Jahrhundert zwei vom Stadtturner unabhängige Stadttamboure. Es waren gleichfalls Handwer- ker, die sich nebenberuflich als „Trumblschlager“ verwenden ließen, wahr- scheinlich keine fixe Besoldung bekamen, sondern nur nach der jeweiligen Leistung entlohnt wurden. Der Bettlrichter Eine typische Erscheinung im Alltagsleben der Stadt waren früher die Bettler, die von Haus zu Haus ziehend oder vor Kirchentüren sitzend um ein Almosen baten. Um Pilger und arme Leute aus der Fremde kümmerte sich in Steyr schon im Mittelalter eine karitative Vereinigung, die bereits 1412 er- wähnte Elendzeche. Die Überwachung der Bettler war dem vom Rat bestellten „Bettlrich- ter“ übertragen. Er bezog von der Stadt Kleidung und Holzgeld. Im Jahre 1700 nahm der Magistrat einen zweiten Bettlrichter auf, der wöchentlich 20 Kreu- zer erhielt. Die zum Betteln befugten Personen trugen ein Zeichen („Bettlzei- chen“, „Bettlschild“). Im Jahre 1589 bestimmte der Rat, dass Leute mit dem „gelben Zeichen“ Almosen sammeln dürfen, jene aber, welche „die weißen haben“, abzuschaffen sind. 200 Stück Bettlerzeichen aus Blech „mit aufge- schlagenem Panthertier“ ließ der Magistrat noch 1767 anfertigen. Dieses Zei- chen allein aber genügte nicht. Der Bettler musste sich auch mit einem von der Stadtkanzlei ausgefertigten „Almosenbrief“ legitimieren können. Seit 1680 suchten mehrere landeshauptmannschaftliche Patente die Bettelei einzudämmen, gab es doch unter den Armen auch „starke Leute und pure Müßiggänger“. Am 1. August 1725 erschien für das Land ob der Enns
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