Die Zeit des Nationalsozialismus mit dem charakteristischen Merkmal der Entwürdigung und Missachtung von Menschenrechten konnte den SchülerInnen des 4. Jahrgangs und der 2AS und 3AS durch die Zeitzeugen vom „Lila Winkel“ am 14. November 2016 nahe gebracht werden. Weil er sich weigerte in den Krieg zu ziehen, kam Ernst Reiter ins Gefängnis und fünf Jahre ins KZ Flossenbürg. Die Tochter Ingrid Portenschlager aus Graz erzählte vom schweren Schicksal ihres Vaters, wie sie als Kind mit dem Wissen umgehen lernte, dass ihr geliebter Papa im KZ war, weil er aus Glaubensgründen das Soldbuch nicht unterschreiben konnte. Kurz nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland (März 1938) kam für Ernst Reiter die Einberufung zum Militär, was er strikt ablehnte, da er als Zeuge Jehova, damals „Bibelforscher“ genannt, keinen Menschen umbringen durfte. Nach dieser Verweigerung musste er sechs Monate Einzel- und Dunkelhaft im Gefängnis erleiden. „Als Kinder merkten wir, dass unser Vater niemals im Finstern schlief, es musste immer ein kleines Licht brennen“, so prägte diese Haft sein ganzes Leben. Als Ernst Reiter auch nach dieser Gefängnisstrafe immer noch bei seiner Wehrdienstverweigerung blieb, kam er im November 1940 ins KZ Flossenbürg, das an der Grenze Bayern Tschechien liegt. Die Zeitzeugin der 2. Generation berichtete vom Tagesablauf im KZ, der mit Appellstehen am frühen Morgen begann und ebenso am späten Abend endete. Es musste die Zahl der Sträflinge immer stimmen; sollte einer fehlen, standen sie solange, bis er gefunden war. Die Sklavenarbeit war im Granitsteinbruch Flossenbürg mit Sprengen der Steine, Zerkleinern und Transportieren zu erledigen. Schon nach der Ankunft und während der langen fünf Jahre musste er die bestialischen Methoden der SS Wachmannschaft mit Bestrafungen und Folter erleiden. Es ging in diesem System darum, den Menschen, die nur mehr eine Nummer waren, jedes Selbstwertgefühl zu nehmen.„Mein Vater verlor den Lebenswillen und wurde Zeitzeugen berichten vom Leid im KZ lila winkel auch schwer krank“, erzählte die Tochter. Sie schilderte die Hilfe durch andere Mithäftlinge und das Kriegsende mit der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen. Was sich für die gebannt lauschenden Schüler und Schülerinnen besonders spannend anhörte, war der Umgang mit der persönlichen Vergangenheit nach 1945. Die Tochter schilderte den Besuch in der Gedenkstätte Flossenbürg, die Suche nach dem Lagerleiter, der inzwischen zum Bürgermeister einer Gemeinde aufgestiegen war und die Begegnung mit Bewohnern des Ortes, die immer noch sagten: „Hier war nichts!“. Die heutige Gedenkstätte Flossenbürg zeigt in Info-Tafeln auch das Schicksal von Ernst Reiter. Der pädagogische Wert dieser Zeitzeugengespräche liegt darin, zu zeigen, wozu Intoleranz, geschickt geschürte Vorurteile und verhetzende Propaganda führen können. Es ist wichtig, dass persönliche Geschichten erzählt werden, besonders auch jetzt, wo fast alle Menschen, die im KZ waren, verstorben sind. Mag. Katharina Ulbrich Kultur 47 Ingrid Portenschlager Gästebuch des „Lila Winkel“, in das sich die SchülerInnen eintrugen.
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