24. Jahresbericht HAK Steyr 2011/12

21 LITERATUR jemanden mit einer Leidenschaft sprechen wie das “L“. . Und schon gar nicht über Bücher. Das“K“ und das“U“ blieben noch ein paarTage und beschlossen dann, weiterzuziehen. Das “L“ kam spontan mit, weil es seiner Meinung nach neue Erfahrungen machen wollte. Ihre Reise führte sie nach Griechenland, ein ganz anderes Land im Vergleich zu England. Hier war es heiß und trocken, es gab nicht sehr viel Regen und die Menschen hatten ein vollkommen anderes Benehmen als die vornehmen Engländer. Es war ein warmer Sommerabend und das “K“, das “U“ und das “L“ spazierten durch ein hübsches, kleines Dorf am Meer und waren auf der Suche nach einer Beschäftigung, bis sie vor einem kleinen Haus haltmachten. Das Fenster war sperrangelweit offen und dort drinnen übten zwei Leute offenbar einen Dialog, benutzten dabei aber nicht nur Wörter, sondern drückten sich auch durch ihre Körpersprache und verschiedene Verkleidungen aus. Das “K“, das “U“, und das “L“ waren hellauf begeistert und beobachteten dieses Spiel gebannt, bis sie aufhörten und einer der beiden den Raum verließ. Weil das “U“ zum “K“ sagte, das hätte ihm jetzt aber sehr gut gefallen, wurde die verbliebene Person im Raum auf sie aufmerksam und kam ans Fenster. “Wer seid ihr? Und was macht ihr hier? Es ist unhöflich, wahllos Leute zu beobachten!“ “Wenn du uns sagst, wer du bist, sagen wir dir, wer wir sind“, meinte das “L“.. “Nun gut, ihr neugieriges Pack. “T“ nennt man mich, bin auch bekannt als das Theater“, erwiderte das “T“. “Ich bin das “K“, auch bekannt als die Kunst. Neben mir steht das “U“, die Unterhaltung und neben dem “U“ befindet sich das “L“, auch genannt die Literatur. Es freut uns, dich kennenzulernen, “T“. Und so begann das Kennenlernen von Neuem. Das “T“ lud sie in sein Haus ein, erklärte den Dreien, was genau einTheater sein soll, und konnte es dabei einfach nicht lassen, die Situation mit theatralischen Argumenten und Gesten auszuschmücken. Sie verstanden sich auf Anhieb gut, und wie es das Schicksal wollte, begab sich das “T“ mit auf ihre Reise durch die Welt. Griechenland wurde ihm sowieso schon zu eintönig und heiß, dass ihm der Abschied nicht schwerfiel. Das Quartett hielt sich weiterhin im südlichen Raum auf, schließlich landeten sie in Ägypten, eher durch Zufall als durch freien Willen. In einer belebten Stadt, an einem kleinen Markt trafen sie auf eine höchst interessante Persönlichkeit, die sie natürlich sofort mit Fragen durchlöcherten, was sie hier machte, wer sie war und welch komische Sachen sie da hatte. “Ich bin die Musik, wer sonst?“, antwortete sie in einer melodischen Stimme und sah die vier verträumt an und redete weiter: “Aber alle nennen mich “U“, den Buchstaben “M“ mögen sie gar nicht.“ “Aber… Aber ich bin schon das “U“! Du kannst doch nicht genauso heißen wie ich!“ Die Unterhaltung war außer sich. “Na, na. Bewahren wir Ruhe und einigen wir uns auf einen Kompromiss, meine Freunde“, schlug das “L“ vor. “Ich habe eine Idee!“, rief das “K“. “Wir nennen dich einfach “U das II.“ Ist das nicht genial?“ “Wenn ihr meint.“ “Sagst du uns nun, was genau Musik ist?““U das II.“ griff zu seinem Instrument – welches eine Harfe war – und fing an zu spielen. Die schönsten Töne, die sie je gehört hatten, setzten sich frei und sie fühlten sich wahrhaftig verzaubert von den sanften Klängen dieses Wunderwerkes. “Darf ich mit euch kommen?“, fragte “U das II.“ sie nach der Vorstellung. “Hier, wo ich lebe, würdigt kaum einer meine Musik. Bitte, ich will sie in die Welt hinaustragen.“ Das “K“, das “U“, das “L“ und das “T“ mochten die Gesellschaft neuer Leute, also erlaubten sie es der Musik, mit ihnen mitzukommen. Nach einigen Streitereien, Meinungsverschiedenheiten und Wutanfällen wählten sie Spanien als ihr nächstes Ziel aus. Von Marokko aus gelangten sie über den Seeweg auf das Festland und irrten dort wochenlang umher, ließen sich hier und dort in einer kleinen Dorfkneipe nieder, verstanden kein Wort und fühlten sich in diesem Land alles andere als wohl. Es war ein ungewohnt kühler Tag, der Wind blies ihnen ungut um die Ohren und so suchten sie Schutz in einer Kirche, dort war es zwar kaum wärmer, aber windstill und ruhig. Es war eine schöne Kirche, sogar mit Deckenmalereien, bunten Glasfenstern und schönen Holzbänken. Vorne, beim Altar, kniete jemand und sprach leise ein Gebet. Das Quintett wusste natürlich nicht, dass man diesen jemand nicht dabei stören durfte, und einer von ihnen rief: “Hallo! Was machst du denn da?“ Die Person zuckte zusammen und drehte sich langsam um: “Beten, das tu ich hier! Nur habt ihr mich dabei gestört!“ “Tut uns leid“, murmelten sie, aber “U das II.“ fragte: “Wer bist du?“ “Ich bin das “R“, die Religion“, grummelte es. “Wer seid ihr?“ “Ich bin das “K“. “Mein Name ist “U“. “Angenehm, sehr angenehm. Ich bin das “L“. “So stell ich mich dir vor, mein Freund, “T“ ist mein Name und ich freue mich sehr über unsere Bekanntschaft.“ “Das “U das II.“ bin ich.“ Die Religion sah sie verwirrt an. “K, U, L, T und U seid ihr? Kultu, wenn man die Buchstaben zusammenfügt… Wisst ihr, das ergibt keinen Sinn. Ohne mich jedenfalls. Es sieht ganz so aus, als ob ich zu euch gehöre. Mit mir seid ihr die Kultur, das hört sich doch schon besser an als Kultu, nicht wahr?“ Und so gingen sie gemeinsam ihren Weg weiter als die Kultur, das Gegenstück zur Natur. Siegerin Sandra Kienböck

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