Die große historische Tragik seiner jahrzehntelangen Herrschaft lag darin, daß es ihm nicht gelang, die Völker der Monarchie gemäß Ihren nationalen Sonder bestrebungen verständnisvoll zu koordinieren, und daß er sich der Umwand lung Österreichs in einen modernen Verfassungsstaat so lange widersetzte, bis es für eine nationale Verständigung und für einen echten Parlamentarismus zu spät war. Der Nationalismus in Österreich: „Herrenrassen" und Diskriminierung • .'l Vjn'; ) In der 2. Hälfte des ilfiilfriirr ilfuiiiirr iii linuurii. 19. Jahrhunderts deutschen Völkern wurde als oberster angesehen, ^ Habsburgern ge genüber als untergeordnete Pflicht oder sogar nur als notwendiges Übel. Das Hauptproblem und die Ursache des Zerfalls bestehen darin, daß die Vertreter der großen und „historischen" Nationen, die Deutschen und die Ungarn, sich als „Herrenrasse" gegen die vielen kleineren Nationalitäten aufspielten. Be sonders nach dem Ausgleich 1867 wurde die große nationale Empfindlichkeit der Slowaken, Kroaten, Rumänen, Tschechen u.a. überstrapaziert. Die Vertre ter der kleinen Nationalitäten beanspruchten für Ihre Nationen einen Platz Im politischen Leben, der der tatsächlichen Entwicklung noch nicht entsprach. Dazu kommen noch die gewaltigen sozialen und ökonomischen Probleme und Gegensätze des 19. Jahrhunderts. Lösungsversuche: Ausgleich oder „Vereinigte Staaten von Österreich"? Im Absolutismus und auch Im ersten Jahrzehnt von Kaiser Franz Josephs Re gierung wurde jede nationale Regung mit eiserner Faust unterdrückt. Erst die Niederlage 1859 in der Lombardei ließ Ansätze zur Lösung des drängendsten Problems zu. Im Oktoberdiplom 1860 und im Februarpatent 1861 wurden ein seitig die Ungarn bzw. die Deutschen bevorzugt. Ein innerer Umbau Österreichs erfolgte erst nach der Niederlage von Könlggrätz 1866, als dessen direkte Folge mit den Ungarn der Ausgleich unterzeich net wurde (1867). Österreich bestand seither aus zwei Reichshälften: Zisleithanien, die westliche (österreichische), und Translelthanien, die östliche (un garische) Reichshälfte.
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