Warten inn Regen fällt vor mir in den Straßenstaub. Aber er zerplatzt nicht - scheint irgendwie woanders hinzustre ben - zittert, wird breiter und plötzlich vom Staub aufgesogen. Weitere Trop fen gesellen sich zu ihm, tönen den Staub dunkler. Seite an Seite prasseln jetzt unzählige Regentropfen laut nieder. Beim ersten Aufprall auf den Asphalt springen sie erschreckt zurück, überrascht, erstaunt von der Härte des Stra ßenbelages, fallen schließlich entmutigt zu Boden, treiben unaufhaltsam dem Kanal zu, entwischen meinen Blicken. An der nahen Haltestelle bleibt kreischend eine Straßenbahn stehen, speit müde und abgehetzt wirkende Menschen aus, die ihre aufgestellten Mantelkrägen noch enger fassen, ihre Schirme hochreißen und fluchtartig davonstürzen. Sogar die Autofahrer scheinen, trotz schützender Karosserie, dem hefti gen Regenguß entkommen zu wollen, fahren noch schneller als sonst, pflügen durch die Pfützen, erzeugen schmutzig-braune Fontänen. In einem kleinen Vorgarten neben der Straße bringt ein sturzbachartiger Was serschwall aus der Regenrinne die Wassertonne endgültig zum Überlaufen. Eine Amsel, die mit ihrem Schnabel im aufgeweichten Blumenbeet nach Wür mern gepickt hat, sucht plötzlich, durch irgendetwas aufgeschreckt, laut und erbost zeternd, Zuflucht im schützenden Laub des Kastanienbaumes. Ein leichter Windhauch trägt den Geruch von erdiger Frische und Klarheit vom Garten zu mir. Allmählich verlieren die Tropfen ihre Plumpheit, der Regen seine Gewalt, es lichtet sich der dichte Schleier, der die Umgebung in helles Grau getaucht hat, gibt den Blick frei für die vom Regen mit glänzendem Schimmer überzogenen Dächer, Straßen und Bäume. Langsam verebben die Geräusche des Verkehrs, der Geschäftigkeit, der Hek tik. Und das sanfte Gleichmaß des Regens verbreitet wohltuende Ruhe und Gelassenheit. „ Renate Kranzer, IB, HAKB-FS
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