ERSTER JAHRESBERICHT HANDELSAKADEMIE & HANDELSSCHULE STEYR 1987/88
IMPRESSUM: Herausgegeben von der Schulgemeinschaft der Bundeshandelsakademle und Bundeshandelsschule Steyr. Leitung und Koordination: Mag. Manfred Reil. Chefredaktion: Mag. Alfred Baischer, Mag. ChristineScherhamer. Redaktion: Mag. Aifred Baischer, Mag. Manfred Derflinger, Mag. Manfred Holzieitner, Mag. Peter Ramels, Mag. Manfred Reil, Mag. Christine Scherhamer. Vertrieb: Mag. Kari Heinz Furtiehner. Anzeigenwerbung: Dkfm. Leo pold Födermair. Umschlaggestaltung & © Mag. Wolfgang Kodada, Steyr. Satz, Druck und Verlag W. Ennsthaler, Steyr.
Vorwort des Direktors 4 Vorwort der Redaktion 5 Jahresberichtsthema - Gedanken aus Lehrer- und Schülersicht .... 8 Kreativwettbewerb: Träume - Illusionen - Wirklichkeiten Schülerbeiträge 10 Projektunterricht: Werbung - Kirche - Sexualität 21 1938 - 1988: Versuch einer Annäherung 30 Lehrerbeiträge 42 Aktivitäten und Aktionen 56 Schülerarbeiten 79 Untersuchung: Rauchgewohnheiten der Schüler 85 Schülervertretung 86 Matura Schülerverzeichnis 97 HAK/HAS intern Schulchronik 113 Lehrkörper 115 Neue Lehrpläne 119 Eindrücke eines Erstklässlers 121 HAK-Info 123 HAS-Info 126 Elternverein 129 Schulbeginn 131
V O R W O R T des Direktors Liebe Leser! Schwierige Zeiten machen die Pfle ge der Kontakte nötiger denn je! Der ständige Dialog über Inhalt, Form und Wirkung der Schule bringt Gleichklang mit dem gesell schaftlichen Fortschritt: Neuer Lehrplan, Fremdsprachen vielfalt, neue Computer, praxisge rechte Softwarepakete, 5-TageWoche in der HAS Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit geistige Flexibilität effizientes Lernen Allgemeinbildung und wirtschaftliches Fachwissen. All das festigt das ausgezeichnete Image der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Steyr und vermehrt die Lebensqualität und Berufs chancen der HAK-Maturant/inn/en und der HAS-Absolvent/inn/en. Steyr, im April 1988 Dkfm.Mag. Helmut Zagler
V O R W O R T der Redaktion I Gerechtfertigt oder nicht: Der Österreicher steht im Ruf, ein ewiger Nörgler zu sein. Über eines hat er allerdings alles andere als Grund zur Klage: einen Mangel an Information. Das beginnt morgens mit einem vorsichtig tastenden Griff zum Ö-d-Wecker, setzt sich fort bei dem Ver such, den überquellenden Briefkasten von Postwurfsendungen zu befrei en, reicht bis zum gierigen Verschlingen der Tageszeitung, dem forschen den Blick auf Teletext und Computer, der unentwegten Berieselung durch "Werbespots und Superhits selbst an geheimsten Örtchen und endet schließlich vor Herrn und Frau Österreichers liebstem Stück, dem Fern sehapparat. Mit einem Wort: Die Medienpräsenz ist heutzutage schon nahezu allgegenwärtig. Was hat uns nun dazu bewogen, diese bunt-schillernde Medienland schaft um ein weiteres Produkt, nämlich den hier vorliegenden Jahres bericht der BHAK und HAS Steyr zu bereichern ? Eine der wesentlichsten Aufgaben dieser Jahresschrift ist es, über die vielfältigen Aktivitäten an unserer Schule im vergangenen Unterrichts jahr auf breiter Basis zu informieren. Damit soll ein Schultyp in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden, der neben solider Allge meinbildung vertieftes Wissen und Kenntnisse im kaufmännischen Be reich vermittelt, der also Vielseitigkeit und Spezialistentum in sich ver eint und beachtliche Anstrengungen unternimmt, eine moderne berufs-
bezogene Ausbildung zu gewährleisten. Praxisbezug wird also großge schrieben; die Vielzahl einschlägiger Exkursionen, die Ausrichtung von Unterrichtsmethoden und -mittein an den Erfordernissen der modernen Wirtschaft, die Bereitstellung zusätzlicher Lernangebote wie ÖkoPlanspiele u. a. sollen dies nur zusätzlich unterstreichen. Imagepflege und Öffentlichkeitsarbeit sind somit wesentliche Ziele die ses Jahresberichts. Damit soll aber auch einer teilweise verzerrenden Medienberichterstattung in letzter Zeit begegnet werden, die es bislang verabsäumt hat, sich von leicht klischeehaften und überholten Ein schätzungen des kaufmännischen Schulwesens zu lösen. Der Wandel dieses Ausbildungstyps ist auch an unserer Schule nicht spurlos vor übergegangen. Ihre Attraktivität kommt allein schon darin zum Aus druck, daß wir heute in der Lage sind, eine berufsspezifische Ausbil dung mit unterschiedlichsten Berechtigungen (vgl. Kapitel Gewerbebe rechtigungen) und guten Berufschancen zu vermitteln, darüberhinaus in der EDV den neuesten Stand der Entwicklung repräsentieren, eine Fülle weiterführender Freigegenstände wie Bühnenspiel, lebende Fremdsprachen oder Volleyball anbieten, bei Fremdsprachen- und Redewettbewerben ausgezeichnet abschneiden und auch im Schulsport schöne Erfolge verbuchen können. Einen Punkt gilt es noch besonders herauszustreichen. Eine kürzlich in der „Wiener Zeitung" veröffentlichte Studie des Solzialministeriums be züglich der Berufschancen der einzelnen Schultypen gelangte zu interes santen Ergebnissen: So wurde festgestellt, daß sich im Schnitt etwa 7 HAK-Maturanten um eine offene Stelle bewerben. Dagegen muß die Si tuation im AHS-Bereich mit ca. 45 Bewerbern für eine einzige geeignete Stelle als vergleichsweise dramatisch bezeichnet werden. Während die Studie zum Schluß kommt, „daß Absolventen der AHS es heutzutage be sonders schwer haben, einen annehmbaren Job zu bekommen", können die Berufschancen der HAK-Absolventen als durchaus intakt eingestuft werden. Nebenbei bemerkt, schneiden auch HAS-Abgänger bei dieser unabhängigen Untersuchung noch deutlich besser ab als ihre Kollegen aus dem AHS-Bereich. Diese Ergebnisse erscheinen umso bemerkenswerter, als in der heutigen Zeit auch zahlreiche Universitätsstudien stark überlaufen sind und das Schlagwort von der „Akademikerschwemme" in aller Munde ist. Ziel des Jahresberichtes soll es deshalb auch sein. Jungen Menschen in der Wahl ihrer Schullaufbahn Orientierungshilfen zu bieten und die kauf männische Ausbildung als echte Alternative mit guten Berufschancen zu offerieren. Last not least wurde dieser Jahresbericht aber auch ins Leben gerufen, um unseren Schülern ein Forum zu bieten, eigene Wünsche, Ideen und Vor stellungen einzubringen. Er soll mithelfen, unterschiedlichste schulische und außerschulische Belange aus der Schülersicht darzustellen und die
Möglichkeit bieten, besonders gelungene Scbülerarbeiten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In diesem Sinne war die rege Beteiligung an unserem Kreativ-Wettbewerb zum Jahresberichts thema ein erster hoffnungsvoller Schritt. Wir möchten an dieser Stelle noch einmal an alle Schüler appellieren, auch weiterhin mit ähnlichem Engagement am Gelingen des Jahresberichts mitzuwirken. Abschließend sollen aber auch die Schwierigkeiten nicht verschwiegen werden, vor die sich das Redaktionsteam gerade bei der erstmaligen Erstellung eines derart umfangreichen Jahresberichts gestellt sah. Schon die Auswahl eines attraktiven Themas verschlang eine Menge Zeit, gar nicht erst zu reden von Problemen der Arbeitsaufteilung, der Abgren zung einzelner Kompetenzen, den unterschiedlichen Auffassungen über die Konzeption des Berichts, den vielfältigen Terminkollisionen u.a.m. Doch gehört dies nun der Vergangenheit an. Wir hoffen, unserem Ziel, einen zugleich anspruchsvollen und unterhaltsamen Jahresbericht zu erstellen, einigermaßen gerecht geworden zu sein. In diesem Sinne wün schen wir viel Spaß beim Lesen! Für die Redaktion: Mag. Alfred Baischer Anschrift: Redaktion Jahresbericht BHAK und BHAS Steyr 4400 Steyr
JAHRESBERICHTSTHEMA Träume - Illusionen - Wirklichkeiten: Gedanken aus Lehrer- und Schülersicht Versuche mit Personen, die während Schlafensperioden systematisch am Träumen gehindert wurden, haben erwiesen, wie wichtig, ja geradezu lebensnotwendig es ist, verdrängte und unbefriedigte Wünsche mittels Träume auszuleben: Schwere seelische Störungen, Depressionen u.a. waren die Folge. Aber nicht nur für den einzelnen, auch für die gesamte Menschheit waren Träume, verstanden als Utopien, als Projektionen des bloß Gedachten, Gewünschten, Erhofften, als mögliche Wirklichkeitsentwürfe und tat sächliche Problemlösungsstrategien immer schon von existentieller Bedeutung. Ohne Utopien wäre kein Fortschritt, und dies nicht nur in technischer Hinsicht, möglich gewesen. Doch mehren sich in letzter Zeit Anzeichen, die die uneingeschränkte Fortschrittsgläubigkeit vieler Menschen in Frage gestellt und Ratlosigkeit und Verunsicherung zurückgelassen haben. Auf verschiedensten Ge bieten hat sich vermeintlicher Fortschritt als tatsächlicher Rückschritt erwiesen, fast scheint es überflüssig, hier das vielzitierte Beispiel der Kernenergie anzuführen. Wie unlängst in Tschernobyl, haben sich in jüngster Vergangenheit zunehmend mehr traditionelle Werte, Denk muster und Gesetzmäßigkeiten als verfehlt oder überholt herausgestellt. Goldene Kälber mußten geschlachtet, Denkmäler von ihren Sockeln ge stoßen, Maßstäbe, die lange Zeit uneingeschränkte Gültigkeit besaßen, revidiert werden. Das Schlagwort vom „Umdenken" ist zu einem der meiststrapazierten unserer Gegenwart geworden, einer Zeit, die wie keine andere zuvor von Kurzlebigkeit und Wandlungsfähigkeit geprägt ist. Wer sich die Ent wicklung verschiedenster Technologien vor Augen hält, wer die compu terbedingte Veränderung von Arbeitsprozessen mitverfolgt hat, wer die umwälzenden Neuerungen in Wissenschaft und Forschung kennt und um die Wichtigkeit von Innovationen im wirtschaftlichen Bereich weiß, kann ermessen, wie stark das Leben gerade in unserer Gegenwart einem steten Wandel unterworfen ist. Lebensrhythmus und Lebenstempo haben sich spürbar beschleunigt, und nicht wenige haben damit nicht schritthalten können. Was heute als gesichert gilt, scheint morgen um stritten und übermorgen überholt. Zurück bleibt der Mensch, dem es zunehmend schwerer fällt, sich in die ser schnellebigen Wirklichkeit zurechtzufinden und klar erkennbare Orientierungspunkte für sich selbst auszumachen. Jüngste Trends und Entwicklungen auf verschiedensten Gebieten haben aber auch eines ge zeigt: Zunehmend mehr Träume sind inzwischen ausgeträumt, haben
sich als Illusionen erwiesen, mußten der Realität Platz machen. Sie ver weisen aber auch auf die Notwendigkeit, Träume an der Wirklichkeit zu messen, ohne sie ihr jedoch zu opfern. Mag. Alfred Baischer Warum braucht der Mensch Träume und Illusionen ? Ist die Wirklichkeit wirklich so trist und hoffnungslos ? Helfen Träume dem Menschen über den Alltag hinweg ? Was sind Träume ? Was ist eine Illusion ? Fragen über Fragen treten bei diesem Thema auf. Ich glaube, wenn man sich mit diesem Themenkreis beschäftigen will, muß man wohl selbst auch ein bißchen von der Wirklichkeit abweichen, und das fällt vielen Menschen nicht leicht. Was sind Träume? Menschliche Hirngespinste? Phantasien realitäts fremder Spinner? Oft wird behauptet, jemand, der träumt, finde sich im realen Leben nicht zurecht. Das ist meiner Meinung nach vollkommen falsch, denn Träumen gehört zu unserem Leben genauso wie Essen oder Atmen. Wer nicht träumen kann, ist eine Maschine! Was gibt es Schö neres, als an einem verregneten Novembertag oder nach acht Stunden Arbeit am Fließband einer Fabrik in Gedanken auf eine sonnige Karibik insel zu entfliehen ? Wer behauptet, er träume niemals, der lügt. Träume sind Schäume, heißt es so schön, das stimmt vielleicht, doch sie helfen sicher über den manch mal grauen Alltag hinweg. Wofür hat der Mensch denn sonst sein - ach so großartiges - Hirn? Sicher nicht nur zum Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren oder Wurzelziehen. Träume und Illusionen gleichzuset zen, wäre vollkommen verkehrt. Illusionen sind Trugbilder, von denen man unbedingt erwartet, daß sie in Erfüllung gehen. Wenn man unerfüll baren Illusionen nachhängt, geht man, im Gegensatz zum Traum, doch ein wenig an der Wirklichkeit vorbei. Diese Abgrenzung ist natürlich schwer zu erkennen, aber ich glaube doch, daß ein feiner Unterschied festzustellen ist: Traum ist „Flucht vorm Alltag", aber man akzeptiert stillschweigend, daß er wahrscheinlich nie in Erfüllung gehen wird. Illu sionen sind nichterfüllbare Vorstellungen, man verliert oft den Bezug zur Realität, wenn man sich ihnen blind hingibt. Ich finde, es wäre am besten, wenn man den „goldenen Mittelweg" zwi schen Träumerei und Realitätssinn zu finden versucht. Sicher keine leich te Aufgabe, aber Probieren geht ja bekanntlich über Studieren. Uber die Wirklichkeit brauche ich nicht mehr viel zu sagen - lesen Sie denn keine Zeitung ? Dieter Bräuer, IV b
KREATIVWETTBEWERB Die drei Gewinner der Hauptpreise (von links): Manfred Rohrauer (Ile), Wolfgang Sandner (IVc) und Alfred Hieslmayr (IVb) „TRÄUME - ILLUSIONEN - WIRKLICHKEITEN": Unter diesem Motto wurde im heurigen Schuljahr ein Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich alle Schülerinnen und Schüler der HAK/H AS mit Texten, Zeichnungen, Photos und Collagen beteiligen konnten. Die Möglichkeit, außerhalb des üblichen Fächerkanons produktiv tätig zu werden, eigene Vorstellungen in Wort und Bild zu artikulieren, wurde von erfreulich vielen Schülern aufgegriffen: Mehr als 80 Arbeiten langten in der Redaktion ein. Einer Jury, gebildet aus Elternvereinsobmann Klaus Gstöttner, Direktor Helmut Zagler sowie den Professoren Reil, Bulla und Scherhammer, kam die ebenso schwierige wie zeitraubende Aufgabe zu, sämtliche Beiträge zu sichten und einer Bewertung zu unterziehen. Im Rahmen einer kleinen Feier in der Aula wurden am 28. Mai für die besten Arbeiten Anerkennungspreise überreicht. Die drei, zweifellos at traktiven, Hauptpreise gingen an: Wolfgang SANDNER (IVc): 1 Walkman Alfred HIESLMAYR (IVb): Eine Bus - Flug - Schiff - Kombina tionsreise von Steyr über Linz nach Wien (gestiftet von der Fa. Nemetschek) Manfred ROHRAUER(IIe): 1 Bahn-Gutschein im Wert von S 1.500,-
Anette Ennsgraber, Ile Neben den Arbeiten der drei Hauptgewinner wurden in diesem Jahresbe richt auch noch die Beiträge von Dieter Bräuer, Monika Fritz und Sigrid Bräuer aufgenommen. Mit dem sowohl qualitativ als auch quantitativ beachtlichen Ergebnis die ses Wettbewerbs wurde einmal mehr unter Beweis gestellt, daß auch in der HAK Steyr bei aller wirtschaftlichen Schwerpunktsetzung genügend Raum zur Entfaltung von Phantasie und Kreativität bleibt. Für die Zurverfügungstellung der Preise sei an dieser Stelle dem Eltern verein der HAK Steyr, den Firmen Nemetschek, Gabriel-Druck, AuerReisen, Foto-Profi, Agfa, Ennsthaler, Sandböck, Foto Wiesinger sowie Vorwärts Steyr herzlich gedankt. Mag-. Alfred Baischer
Warme, kalte Sonne Ein Novemberträum Die Jacke ist gefüttert - nicht gerade der letzte Schrei, aber unterstützt von einem Pullover und einem eher sommerlichen Hemd erfüllt sie "wenigstens den Hauptz"weck, mich nicht vor Kälte erzittern zu lassen. Ja, ja, der Sommer ist vorbei, obtvohl ich's kaum glauben kann. Z"war -waren sie endlos lang, die vielen verregneten Tage, doch kann ich mich jetzt kaum zurückerinnern, außer an bestimmte Augenblicke. Also ein Som mer, wie einer von jenen aus meiner Kindheit, der ich gerade erst ent wachsen bin. Ob sich wohl die alte Frau, die eben an mir vorbeigeht, noch an die Kind heit erinnert? Ich werfe einen raschen, vielsagenden Blick in ihr Gesicht, und ich spüre, wie sie meine Jugend zum Nachdenken anregt. Zum Nach denken über ihr Leben, das jetzt im Herbst steht, ebenso wie das Jahr, ebenso wie die Bäume, die gegenüber der Friedhofsmauer in einer nicht besonders strengen Reihe stehen, und das seit vielen Jahre. Die Parallelen zwischen der alten Frau und den Bäumen sind unübersehbar, jedoch schießt mir plötzlich ein seltsamer Gedanke durch den Kopf. Warum wirkt die Frau alt, gebrechlich und nicht besonders anmutig, während der Baum, an dem ich soeben vorbeischlendere, in herrlich sattem Gelb er strahlt? Beide stehen doch im Herbst. Ich sehe jedoch schnell, daß es wahrscheinlich vergeblich ist, darauf eine Antwort zu suchen und verdränge diesen wirklich etwas seltsamen Ge-
danken aus meinem Kopf, indem ich mich auf beinahe kindliche Weise in das Rascheln der grün-braunen Ahornblätter vertiefe, die ich mit meinen ebenfalls braunen Schuhen vor mir hertrete. Jetzt erst fällt mir der mod rige und dennoch wunderbar angenehme Geruch auf, den das Jetzt wie der gelbe Laub unter meinen Füßen verbreitet. Plötzlich überkommt mich ein etwas schauriges Gefühl von Ehrfurcht, Ehrfurcht vor eigentlich schon toten Blättern, die aber irgendwie die Welt auszumachen scheinen. Am liebsten würde ich nun über das Laub schweben, um es nicht länger mit meinen dicken Schuhen zu erniedrigen. Ich setze jedoch meinen Weg fort, entlang der grauen Friedhofsmauer zur Linken und den bunten Bäu men zur Rechten. Ich folge aber einem inneren Drang, eines dieser zahl reich herumliegenden Blätter aufzuheben. Ich führe es an meine Nase, um noch einmal den wirklich sehr angenehmen Duft zu genießen. Dann werfe ich es mit einer inneren Zufriedenheit in die Luft und sehe zu, wie es langsam, von einer leichten, aber kalten Brise herumgewirbelt, zu Boden fällt. Dabei blinzeln mir einige Sonnenstrahlen durch das Geäst der Bäume ins Gesicht. Die Luft ist klar, von keinerlei Dunst oder gar Wolken getrübt, dennoch kann ich direkt in das Herz der Sonne schauen, ohne geblendet zu werden. Ja, sie hat nicht mehr jene Kraft, die sie an den wenigen sonni gen Sommertagen hatte, aber vielleicht ist sie gerade deshalb so ange nehm. Während die Strahlen mein bereits ziemlich kaltes Gesicht wär men, senke ich voller Wohlbehagen langsam meine Augenlider, sodaß lauter kleine, gelbe Blitze zwischen meinen dunklen Wimpern funkeln und zucken. Aber nein, sehr stark ist sie wirklich nicht mehr, die gute alte Mutter Sonne, denn schön langsam verspür' ich das Bedürfnis nach einem warmen Raum. Hätte besser doch nicht die Sommerhose angezogen, nur weil sie besser zur Jacke und zu den Schuhen paßt. Und die sommerlichen Baumwollhemden sollte ich wohl auch besser gegen die warmen Flanell hemden austauschen. Als ich neulich an der Truhe mit den Wintersachen vorbeiging fiel mir auf, daß sie heuer nicht so verstaubt ist wie sonst immer im Herbst. Sie scheint wohl auch bemerkt zu haben, daß der Sommer diesmal kürzer war als sonst. Und ich weiß, wenn ich die Hemden zum erstenmal wieder heraushole, wird es mir vorkommen, als hätte ich sie erst gestern hinein gelegt. Es überkommt mich eine Art Wehmut, Wehmut über das Ableben eines Jahres, das ich nie wieder zurückbekomme, genauso wie die anderen Jahre meines noch recht jungen Lebens. Wieder erheitert von der Pracht der Natur, insbesondere von einem Baum, der in beinahe schon unecht wirkendem Orange vor mir steht, sowie den Eindrücken der alten Stadt, die unter mir an den Ufern der beiden Flüsse liegt, welche sodann eins werden, setzte ich meinen Spa ziergang fort. Mein Spaziergang durch einen Novembertraum. Wolfgmg Sandner, IVc
LebensQUALITÄT Lebensqualitä Lebensqualit Lebensquali LebensQUAL Manfred Rohrauer, Ile
-■■■-■•:-äwenn du träumen kannst wenn du träumen kannst verschwimmen die konturen der Wirklichkeit wenn du träumen kannst malst du dir eigene linien in dein leben wenn du träumen kannst freust du dich darauf, wenn die gegenwart der Zukunft platz macht wenn du träumen kannst ist sogar die arbeit voller bunter färben wenn du träumen kannst zählt ein kleiner fehler nicht und du wirst darüber lachen können Monika Fritz, IVb
im -■? .iS Traumwelt Hand in Hand durch den Park Der Winter ist vorbei Ein neuer Anfang ? Die ersten Blumen blühen Ein Traum ist Wirklichkeit Leises Lachen druchbricht die Stille Nicht an die Zukunft denken Nur der Augenblick zählt. Sieghd Bräuer, Ile
ülBEeSiyU' Die Aussage Sie lassen sagen, daß sie etwas sagen würden, wenn sie sagen könnten, was sie sagen wollten, daß sie etwas sagen würden, wenn sie etwas zu sagen hätten, was sie sagen würden, wenn sie sagen dürften, daß sie nichts zu sagen haben. Manfred Rohrauer, Ile
Wir leben um zu atmen Wir atmen um zu leben Wir leben um zu essen Wir essen um zu leben Wir leben um zu gehorchen Wir gehorchen um zu leben Wir leben um zu lernen Wir lernen um zu leben Wir leben um zu befehlen Wir befehlen um zu leben Wir leben um zu sterben Wozu leben wir: Manfred Rohrauer, Ile
"fi'i I I/' Wenn in Österreich die Nacht hereinbricht, wird in den meisten Haus halten der ominöse Knopf gedrückt, der den Liebling jedes Österreichers in Gang setzt. Dann sitzt die Hälfte des willigen Volkes vor dem „Kastl" und gerät bei Machwerken, wie „Dynasty" oder der „Schwarzwaldkli nik", in hellste Verzückung. Es ist halt gar so schön und aufregend, wenn sich im romantischen Schwarzwald der fesche Patient in die brave, sanftmütige und hilfsbereite Schwester verliebt. Tritt dann auch noch der gutaussehende Prof. Brink mann auf, erreicht die Schar seiner Verehrerinnen endgültig das Serien nirwana. Wem solche intellektuellen Ergüsse nicht genügen, sollte sich um 21.55 LFhr einem ganz besonderen Genuß hingeben: „Seitenblicke", eine Pro duktion, die wir dem großen Retter des österreichischen Fernsehpro gramms, Thaddäus Podgorski, verdanken. In dieser unterhaltsamen Mini-Serie erfährt man Dinge, die man einfach wissen muß, zum Beispiel, daß Ernst (Putzi) Baron von Adabei und Schnorrberg sich im Grinzinger In-Beisel „Vinzenz" an einem Hummerfilet mit Weinbergschneckensoße delektiert. Ironischerweise lautet der Untertitel dieses „Fernsehverbre chens": „Wissenswertes aus dem Gesellschaftsleben." Ja, da lacht das
Herz des Österreichers, wenn er die Creme des Landes schmausen sieht. Die „Seitenblicke" verdienen aber ihren Namen, man sollte bei dieser Sendung wirklich zur Seite blicken. Den Höhepunkt in der Programmlandschaft stellt aber zweifellos „Superflip", das „Publikumsspiel der Superlative für Junge und Jungge bliebene" dar. Dieses lehrreiche Spielchen mit dem lustigen Automaten ist an Intelligenz und Unterhaltsamkeit nicht zu überbieten. Besonders ein Herr Thommy Aigner setzt immer wieder Glanzpunkte, die die Flip persüchtigen erfreuen. Seine Signale mit Pfeifen und Plastikhörnern sind ja inzwischen schon fast zur Legende geworden. Neuerdings bereichert nun ein norddeutsches Bier- und Adelsepos die österreichische Programmvielfalt. Diese Superserie, die der wöchentliche Anlaß zur Versammlung der großen österreichischen Fernsehfamilie vor ihrem Götzen ist, enthält alle Ingredienzen, deren es bedarf, um den kriti schen und qualitätsbewußten Österreicher zu begeistern: Herz, Schmerz und reichlich Intrigen. Doch es gäbe noch viele Beispiele für Sendungen, die den Österreichern viel Freude bereiten. Zum Glück wurde die „Zeit im Bild" reformiert, früher war es ja nicht auszuhalten mit der dauernden Information über weltpolitische Themen. Aber jetzt wird diese Eintönigkeit durch infor mative Berichte über die Landung eines Storches im Tiroler Unterinntal aufgelockert. Der ÖRF-General hat eben dem Ruf des Volkes nachgegeben: „Mehr Niveau ins Programm". Zwar gibt es noch immer ein paar unzufriedene Querulanten, die von den „Kunststücken" oder den „Spiegelbildern" faseln. Doch nach der näch sten Reform, die dann das Programm noch einmal verbessern wird (Zitat Podgorski), werden auch diese Freigeister sich dem Willen der Mehrheit beugen müssen. Alfred Hieslmayr, IVb Schularbeit
PROJEKTUNTERRICHT Werbung - Kirche - Sexualität i
Untersuchung der Plakatwerbung in Steyr: Vd Untersuchung der Kino- und Illustriertenwerbung: Vd Ausarbeitung des Fragebogens: Vd Auswertung des Fragebogens: IVd, IVa Leitung: Prof. Dr. Manfred Holzleitner 1. Grundsätzliches Jedem von uns begegnen großflächige Plakatwände entlang der Straßen und Plätze. Oft verstellen sie den Blick, verunzieren die Gegend oder su chen vergebens, eine dahinterliegende Abbruchslandschaft zu verbergen. Doch einmal kommt für jeden DAS Plakat, das ihm ins Auge sticht. Sei es durch das Design oder durch seinen Inhalt. Unsere Frage war, wie sehr Plakatwerbung (Illustriertenwerbung) und Kinowerbung (stehendes und bewegtes Bild) mittels erotischer „Trans porteure" Inhalte zu verkaufen suchen. Wichtig war uns, zu prüfen, ob die Meinung vieler Menschen, Werbung arbeite betont (offen und ver steckt) mit Erotik, ihre Entsprechung in einer empirischen Untersuchung finde. Als Ergebnis dieser Erhebung läßt sich kurz sagen: Das bewegte Bild (Film) ist deutlich erotischer (von 5 untersuchten Kino-Werbefilmen waren 3 als erotisch einzustufen) als das stehende Plakatbild (bzw. die Illustriertenwerbung). Festzuhalten gilt es aber nach wie vor, daß Wer bung mit „Sex" durchwegs weibliche Erotik zum Objekt hat. Aufgrund dieser ersten Erfahrungen haben wir den Fragebogen: Wer bung - Kirche — Sexualität entworfen. Die unser Interesse leitenden The sen waren: a) Welche Mechanismen konstruieren und konstituieren unsere Gesell schaft. Die Grundfrage hiezu übernahmen wir von Michel Foucault (Sexualität und Wahrheit Bd. 1, 1983, S. 13): Welcher Zusammenhang besteht zwischen Macht, Wissen und Sexualität? Pointierter (und enger) formuliert heißt die These: Ist die religiöse Begeisterung früherer Zeiten umgeschlagen in das moderne, verweltlichte (säkularisierte) Projekt „Sex" (vgl. M. Foucault, S. 17). b) Jeder Bildungs- und Lehrplan beruft sich auf Weltauffassungen, die als gültig angenommene Grundprinzipien voraussetzen. Hinter jedem Lehrplan (im weitesten und engeren Sinn) steht ein Machtverteilungs muster, das sich in der Kodierung bestimmter ritueller Formen zeigt. „Menschen, die eine bestimmte Weltauffassung akzeptieren, können die Art und Weise, wie sie miteinander umgehen, nur durch Berufung auf Grundkategorien dieser Weltauffassung rechtfertigen - und wenn es uns nicht gelingt, diesen Prozeß durchsichtig zu machen, werden wir ihm zum Opfer fallen" (Mary Douglas, Ritual, Tabu und Körpersymbolik, 1986, S. XL).
Aus diesen Überlegungen folgte die Thematik unseres Fragebogens: Wie sehr lassen/glauben sich Schüler der AHS und BHAK (Oberstufe) von Werbung beeinflussen/beeinflußt? Gibt es erkennbare unterschiedliche Tendenzen zwischen BHAK und BG, weiblichen und männlichen Ju gendlichen, zwischen den Altersstufen 14-16 Jahre und den über IZjährigen? Ausgewertet wurden 116 Fragebögen (87 BHAK und 29 BG). Die Schwierigkeit, Fragen und Wertungstabellen zu finden, war größer, als wir anfangs gedacht hatten. Dafür danke ich den Maturantinnen der Vd sehr. Das „Handwerk" der Auszählung der Fragen und Tabellen war an^ strengend und überaus beschwerlich. Hier gebührt aller Dank den Schü lern der IVd und IVa. Der Wunsch und die Hoffnung auf die Möglich keit, mit Schülern ein passendes Computerprogramm zu entwickeln, das diese Arbeit mit einer einmaligen „Fütterung" erleichtern könnte, ist dringend geworden. Allein, wir haben eine Ahnung davon bekommen, wie schwierig die Entwicklung einer solchen Software sein muß. 2. Plakat- und Kinowerbung Bei der Untersuchung der Plakatwerbungen in Steyr kamen wir auf fol gende Ergebnisse: Es gibt insgesamt 480 Plakate in Steyr (= 100%) - Winter 1987/88 1. Banken - Versicherungen 32,2% 2. Mode - Sport - Freizeit 19,4% 3. Zeitungen 15,0% 4. Bauen — Wohnen - Arbeit 12,3% 5. Nahrung - Genußmittel 10,0% 6. Autos — Verkehrsmittel 6,7% 7. Staatliche Werbung 4,4% Von 480 (= 100%) Plakaten waren 77 Plakate (= 16%) erotisch. Von diesen 77 Plakaten (= 100%) waren 26 Plakate (= 34%) direkt ero tisch und 51 Plakate (= 66%) indirekt erotisch. Direkt erotisch: Erotik wird für Werbezwecke direkt benutzt (z.B. Pal mers, Gazelle). Indirekt erotisch: Erotik wird in der Werbung indirekt angedeutet (z.B. OÖ. Nachrichten). 3. Der Fragebogen Frage 1: Schlägt Ihr Herz schneller, wenn Sie das Wort „Erotik" hören ? 1.) sehr schnell 5% 2.) ein wenig mehr 21 % 3.) bleibt gleich 52% 4.) weniger 10% 5.) überhaupt nicht 12 %
Bei den 14-16jährigen löst das Wort „Erotik" deutlich mehr Herzklop fen aus als bei den älteren Schülern. Burschen erwarten sich mehr als Mädchen. Gleich bleiben 42% der älteren Burschen. Viel „cooler" geben sich die gleichaltrigen Mädchen: 83%! Zu bedenken bleibt bei dieser Frage, welchen Sinn Jugendliche mit dem Wort „Erotik" verbinden: Liebe, Sex, Zärtlichkeit, Pornographie ? wcihUch. TnamL/cK, — — - Frage 2: Fühlen Sie sich durch Werbung beeinflußt? 1.) stark 7% 2.) teilweise 77% 3.) gar nicht 16% Bemerkenswert unbeeinflußt wähnt sich die Gruppe männlicher Jugend licher von 14-16 Jahren. Keiner glaubt sich stark beeinflußt. 67% fühlen sich teilweise und 33% gar nicht beeinflußt durch die Wer bung. Frage 3: Welche der folgenden Plakatwerbungen ist Ihnen am geläufig sten? 1.)CocaCola 71% 2.) Palmers 17% 3.) Milde Sorte 9% 4.) Camay 1 % 5.) Keine der oben angeführten Werbungen 2 % Das Image von Coca Cola dürfte stark durch die Bedeutung „jung" und „sexy" geprägt sein. Auffallend korrespondiert der Wert der erotischen Palmers-Werbung (17%) mit dem Wert unserer Erhebung aus der Pla katwerbung (16% erotische Werbung). Frage 4: Welche Rolle spielt Sexualität in Ihrem Leben ? 1.) sehr große 10% l ..q/ 2.) große 34%-' 3.) neutrale 43% 4.) geringe 10%-) 5.) keine 3%-'
Die Unterschiede zwischen Burschen und Mädchen und den beiden Altersgruppen sind erheblich (siehe Graphik). Für eine Sexualpädagogik in der Oberstufe lassen sich daraus wichtige Schlüsse ziehen. AH- ^*6 Johri^e VcibücH. mönnücit Frage 5: Wie gläubig sind Sie? 1.) sehr gläubig 3%| 2.) glaubig 63% J 3.) gleichgültig 28% 28% j 34% 4.) ungläubig 5%-| 5.) strikt dagegen 1 % J Die Detailauswertung zeigt eine deutliche Differenz im Bereich 1.) und 2.): 53 % männlichen stehen 78 % weichliche gläubige Schüler gegenüber. Ein kleiner, aber bemerkenswerter Unterschied fällt bei den männlichen Jugendlichen auf: 47% gläubigen jüngeren stehen 57% gläubige ältere Schüler entgegen. 47% jüngere Burschen, aber nur 33% ältere stehen ihrem Glauben gleichgültig gegenüber. Diese Zahlen bestätigen sich in der modernen Religionspsychologie (etwa bei Fritz Oser): In der Puber tät haben Jugendliche die größten Glaubens- und Identifikationsschwie rigkeiten. mofnüch.
Frage 6: Welche Werbung spricht Sie am meisten an ? 1.) informative, sachliche 11% weibl.: 3% männl.: 20O/ /o 2.) erotische 14% 9% 20O/ /o 3.) reizende, liebe 19% 30% 8 o/ /o 4.) Nonsens-Werbung 26% 28% 23 o/ /o 5.) teuer aufgemachte, exklusive 30% 30% 29o/ /o Die Zahlen sprechen für sich. Sie scheinen manches Vorurteil zu bestäti gen: Burschen sind sachlicher als Mädchen. Diese scheinen wieder der „Frauenrolle" gerecht zu werden, lieb und reizend zu sein. Bei der Non sens-Werbung könnte der Hang der Jugendlichen zum Witz, zu Freiheit und Unbelastetsein durchschlagen. Setzt man den Trend zu Teurem, zur Exklusivität in Relation zu Information und Sachlichkeit, so macht das Verhältnis von Wissen und Geld (1:3) nachdenklich. Die 14% durch ero tische Werbung angesprochenen Jugendlichen bestätigen wiederum un sere Plakatuntersuchung. Frage 7: Welche Lektüre lesen Sie? 1.) Kirchenzeitung 12% weibl.: 16% männl.: 7% 2.) Profil 32% 26% 38% 3.) Bravo 8% 12% 5% 4.) Wiener 12% 8% 17% 5.) Ganze Woche 36% 38% 33% Die Zahlen sprechen für sich! Frage 8: Wie modebewußt sind Sie? 1.) extrem 4% weibl.: 3% männl.: 5% 2.) betont 20% 21% 18% 3.) modebewußt 59% 65% 54% 4.) wenig 14% 10% 18% 5.) gar nicht 3% 1% 5% Werden die Jugendlichen direkt gefragt, ob sie modische Kleidung kau fen, dann sieht dies anders aus: Der Druck, modisch gekleidet zu sein, ist bei Mädchen fast 100%ig, bei den Burschen immerhin noch 90%ig. Frage 9: Kaufen Sie modische Kleidung? 1.)ja 94% weibl.: 99% männl.: 90% 2.) nein 6% 1% 10% Frage 10: Wenn ja, aufgrund welcher Überlegung? 1.) weil Sie „in" sein wollen 6%| -o/ 2.) weil es die Mehrheithat 1% J ° und somit für gute Qualität bürgt 3.) weil es Ihnen gefällt 74%- 4.) weil es niemand hat 13% 93% 5.) weil man damit auffällt 6%-
So konform wie hier haben Mädchen und Burschen sonst nie entschie den; so z.B. bei 3.) weil es Ihnen gefällt: 73,7% weiblich und 73,8% männlich. Der Druck, als „modisch" zu gelten, wird nicht mehr wahrge nommen, ja, er hat sich fast ins Gegenteil verkehrt: 93 % glauben, frei und selbständig zu entscheiden. Nur 7% geben den Konformitätsdruck auch zu. Wer von beiden Gruppen handelt wirklich selbständig? Frage 11 :Werden Sie durch Spendenaufrufe der Kirche 1.) sehr abgestoßen 1 % • 2.) belästigt 19% 80% 3.) nicht berührt 60%- 4.) betroffen 10% "i 2qo/ 5.) innerlich verpflichtet 10% J Eine Bewertung ist schwierig, weil Jugendliche sicher fähig sind, zu un terscheiden, wofür sie spenden. Allein, das Verhältnis von möglichen Spendern und Nicht-Spendern (1:4) hat einige Aussagekraft. Frage 12: Soll sich die Kirche bezüglich der Sexualität äußern 1.) sehr oft 7% 2.) oft 16% 3.) manchmal 35% 4.) selten 26% 5.) gar nicht 16% In den Kategorien 1.) und 2.) gehen Burschen und Mädchen konform. Von 3.) bis 5.) zeigt sich deutlich, daß Burschen weniger Einmischung wünschen als Mädchen. Dieser Hang nach weniger Einmischung ver stärkt sich - erwartungsgemäß - auch bei Mädchen mit zunehmenden Alter. Exemplarisch offenbart sich diese Tendenz zwischen den jüngeren und den älteren Burschen. mannlfcK. Frage 13: Besteht Ihrer Meinung nach ein Zusammenhang zwischen Glaube und Sexualität ?
1.) ja, ein sehr großer 6 %") ^2 0/ 2.) grundsätzlich ja, aber mit Ausnahmen 36% j 3.) ich habe darüber keine Meinung 11 % 4.) fast keiner 30%| 5.) nein, gar keiner 17%i Die Schwankungen in den verschiedenen Kategorien sind erheblich. Die Bandbreite möglicher Interpretationen ist es ebenso. Bemerkenswert ist die Ausgewogenheit derer, die einen Zusammenhang annehmen und jener Jugendlichen, die hier keinen sehen. Vielleicht sollte man dem Hin weis nachgehen, daß immerhin 47% der Befragten Sexualität als (jeden falls vom Glauben) isoliertes Phänomen betrachten. Frage 14: Woran denken Sie, wenn Sie das Wort „Erotik" hören? 1.) an die Vögel im Wald 5% 2.) an ein Fitneßstudio 1 % 3.) an die Schule 0% 4.) an das andere Geschlecht 82% 5.) an die Sünde 12% Der Vergleich mit der Frage 1 scheint die „coolness" der Jugendlichen zu korrigieren; 82% denken an das andere Geschlecht. Frage 15:Wie finden Sie die Äußerungen der Kirche zur Sexualität? 1.) sehr ärgerlich 29% 1 0/ 2.) hinderlich 17% J 3.) nichtssagend 29% 4.) bedenkenswert 24%1 ^ro/ 5.) vorbildlich 1%J Die entsprechenden Ergebnisse der Frage 12 werden bestätigt. 23% (Frage 12) wünschen sich eine deutliche Äußerung der Kirche - entspre chend finden 25% (Frage 15) die Meinung der Kirche beachtenswert. Umgekehrt entsprechen die 42% (Frage 12) den 46% (Frage 15) der Be fragten, die sich keine kirchliche Einmischung wünschen oder sie als är gerlich empfinden. Beeindruckend ist die fast totale Ablehnung der Kate gorie 5.) vorbildlich. Frage 16: Wie „verkauft" die Kirche die Botschaft von Jesus Ghristus? 2% männl.: 13% 1.)perfekt 1%., weibl.: 2% männl.: 0% 2.) engagiert 25% 164% 36% 3.) mittelmäßig 38% J 50% 26% 4.)langweilig 29% i ,,o/ 26% 33% 5.) sehr schlecht 7%-' ° 9% 5% Die Frage, oh die Kirche überhaupt eine Botschaft „verkaufen" soll/darf, kann hier nicht aufgegriffen werden. Auffällig korrespondieren diese Er- ::i}36%
gebnisse mit der Frage 5 (Gläubigkeit): 66% gläubigen Jugendlichen ent sprechen 64%, die der Kirche einiges Engagement zusprechen. Da die Umfrage nur Schüler betrifft, darf sie wohl auch als eine Aussage über den Religionsunterricht gewertet werden. Ein aufschlußreiches Detail bieten die Schüler BHAK über 17 Jahre: Deutlich schlechter stufen Mädchen das kirchliche Engagement für die Botschaft Jesu ein. Flier kündet sich ein starkes (oder stärker werdendes) Bewußtsein an, daß die Kirche doch weithin von Männern dominiert (dominus - Herr) wird. we/blick uboi '^1' mÖftnUcH Frage 17: Die Bevölkerung nimmt in den Entwickungsländern zu. Wer soll lenkend eingreifen ? 1.) Staatliche Gewalten weibl.: 13% männk: 25% 2.) Kirchliche Moralvorschriften 6% 21% 3.) Niemand 7% 11% 4.) Ärztevertretungen 46% 20% 5.)UNO 28% 23% Zwei Daten fallen auf: Kirchliche Moralvorschriften (und staatliches Eingreifen) für die 3. Welt finden Burschen weitaus attraktiver als Mäd chen (21% zu 6%). Der notwendige Gang zum Arzt ist wiederum den Mädchen signifikant vertrauter (und notwendiger) als den jungen Män nern (46% zu 20%). Frage 18: Finden Sie den Gedanken an eine Klosterschwester im Mini rock 1.)lächerlich weibl.: 5% männk: 16% 2.) abstoßend 2% 9% 3.) ungewöhnlich 55% 37% 4.) gleichgültig 4% 12% 5.) sympathisch 34% 26% Offenbar gibt es einen ausgeprägten innerkirchlichen Mißmut über die Se xuallehre der Kirche. Vielleicht erklärt sich dieser auffällige Unterschied aus der verschieden starken persönlichen (Gewissens-) Bindung an die Lehre der Kirche: Den Gläubigen treffen sie mehr als den Gleichgültigen. Mag. Manfred Holzleitner
"HfiliRe f^emeinde Wien" JUDENTUM INWIEN TiS m,i\T -fy SaitiDi uiisr Max Berser
DENKJAHR'88 Gedenken an die NS-Diktatur i Ganz Österreich widmet heuer dem Jahr 1938 und seinen Folgen zahlrei che Gedenkveranstaltungen,Diskussionsabende, Sondersendungen in Rundfunk und Fernsehen und andere wichtige Aktivitäten. — —V n- Letzteren sind die vielfälti- •f V gen Veranstaltungen und "^1 Unterrichtsprojekte öster reichischer Schulen zuzu rechnen. In Steyr haben sich auch außerschulische Instanzen, etwa das „Komitee Gedenkjahr" oder die Ge meinde Steyr, mit verschie denen Angeboten (Filmvor führungen, Zeitzeugenver- 'j mittlung, einer kostenlosen . A ^ Sondernummer des „Amtsblattes" auch für auswärtige ^3 j Schüler) um diese Schulakti- ^ vitäten sehr verdient ge- ^ Selbstverständlich gab es an unserer Schule eine ganze jekten, die von den Profes soren der Gegenstände Geschichte und Deutsch ins Leben gerufen und von den Schülerinnen und Schülern mit großem Interesse und sehr viel forschender Eigeninitiative aufgenommen wurden. Als Beispiel möge hiefür die stichwortartige Beschreibung eines fächer übergreifenden Unterrichtsprojektes aus Geschichte (Prof. Wilfried Aschauer) und Deutsch (Prof. Gerhard Klausberger) im Jahrgang IVa dienen. PROJEKT - THEMA: „Erlebte und gelebte Geschichte 1938 - 1988" Ziele und Inhalte des Unterrichtsprojektes: a) Erinnerung und Bewältigung der Vergangenheit b) Das Anschlußjahr 1938 und die Eolgen in Steyr und Umgebung c) Möglichkeiten der Geschichtsschreibung d) Möglichkeiten der literarischen Bewältigung
PROJEKTBEREICH „Geschichte" Das Projekt „Denkjahr 38" sollte neben grundlegender Information durch den Lehrer in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Eigen initiative der Schüler stehen: Lehrerinformation: Bürgerkriegs jähr 1934, Ständestaat, Okkupation, 2. Weltkrieg, Kon zentrationslager, Emigration usw. Schülerarbeit: Aufarbeitung und Überprüfung allgemeiner Information aus dem Ge schichteunterricht unter regionalen Aspekten: „Nationalsozialismus in Steyr, Steyr-Umgebung und Oberösterreich", vor allem durch: Sammeln von Zeitungsberichten, Aufzeichnen von Erlebnisberichten aus dem Schülerumfeld (Tonbandprotokolle bzw. schriftliche Befragungen), Stu dium von Fachliteratur aus Steyrer Bibliotheken, Sammeln von Fotos, Bildmaterial und Dokumenten, Zeichnen von Plakaten, Zusammenstel len der Unterlagen in Gruppenarbeit, Präsentation der Ergebnisse in Form von Referaten. PROJEKTBEREICH „Deutsch" Auch im Gegenstand Deutsch sollte neben grundlegender Lehrerinforma tion die forschende Eigeninitiative der Schüler im Vordergrund stehen. Lehrerinformation: Textsorten (Schwerpunkt: Kurzgeschichte), Redestrategien (Schwer punkt: Aufbaufragen von Diskussionsbeiträgen, Interview). Literatur: Faschismus, Kriege, Judenverfolgung, Massenvernichtung und Literatur (an Beispielen); Hinweis auf die grundsätzliche Frage stellung: „Literatur nach Auschwitz?" Max von der Grün Wie war das eigentlich ? Kindheit und Jugend im Dritten Reich i
, Schwarze Milch der Frühe wir irinken sie abends wir Innken sie miiiags und morgens wir Irinken sie nachts wir Irinken und Irinken wir schaufeln ein Grab in den Lüfien da liegt man nicht eng Ein Mann wohnt im Maus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab m der Erde er befichli uns spielt auf nun zum Tanz Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir Irinken dich morgens und mittags wir trinken dich abends wir Irinken und Irinken Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete Dein aschenes Haar Sulamith wir schaufeln ein Grab in den Lüfien da liegt man nicht eng Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingt's seine Augen sind blau stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts wir Irinken dich mittags und morgens wir trinken dich abends wir Irinken und trinken ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith er spielt mit den Schlangen Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meisler aus Deutschland er ruft streicht dunkler die Geigen dann steigt ihr als Rauch in die Luft dann habt ihr ein Grab in den Wolken da liegt man nicht eng Schwarze Milch der Frühe wir Irinken dich nachts wir trinken dich milUgs der Tod ist ein Meister aus Deutschland wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland dein goldenes Haar Margarete dein aschenes Haar Sulamith Schülerarbeit: Einladen von Zeitzeugen zu Diskussionen und Interviews. Informationsinterview mit ■' Herrn Breirather über seine dunkelhäutige | Adoptivschwester, das lebensfrohe Zigeu- | nermädchen Sidonie Adlersburg aus Letten, | das 1943 in Auschwitz vergast wurde. Dis- „ kussion mit dem Autor Erich ^ Hackl über seine iä I literarische Aufar- | -.1 TBBf beitung des „Fai- , ■ jgj» Sidonie Adt ^ lersburg. Interf/7? r M-d, Y Muller, ei- ' iNjfc ii^rn weiteren ■; M Zeitzeugen (Halb- ® jude), und Ver- 'I r such einer literari- -. . sehen Gestaltung i lat-i*- seines Schicksals • Zeitzeuge Breirather im Dritten Reich. Autor Erich Hackl Zeitzeuge Müller
f Wien-Exkursion, 10. März 1988 PROJEKTUNTERSTÜTZUNG: Das gesamte Projekt wurde durch zahlreiche außerschulische Aktivitäten unterstützt. Das „Komitee Gedenkjahr" veranstaltete Filmtage in der Arbeiterkammer Steyr, die von unseren Schülern und Schülerinnen be sucht wurden. Die Sondernummer des „Amtsblattes" wurde durchgearbeitet, VHSVorträge wurden besucht, Zeitzeugen stellten sich für ausführliche Inter views zur Verfügung, der „Österreichische Kulturservice" (ÖKS) über nahm die Kosten einer Autorenlesung, und schließlich veranstaltete man eine EXKURSION NACH WIEN (10. März 1988) Teilnehmer: 48 Schülerinnen und Schüler im Alter von 18 Jahren 2 Lehrer (Aschauer, Klausberger)
Programm: 8.00 Uhr Abfahrt in Steyr 10.00 Uhr „Der Weg nach Auschwitz. Die Machtergreifung, der An schluß, die Apokalypse" Filme des österr. Filmmuseums. 12.00 Uhr Mittagspause 14.00 Uhr „Judentum in Wien" - Ausstellung des Historischen Mu seums der Stadt Wien 19.30 Uhr „Die weiße Krankheit" (Theater der Jugend) 21.30 Uhr Diskussion über das Stück 0.00 Uhr Ankunft in Steyr Kommentare zur Wien-Exkursion: „Mich beeindruckte der Filmvortrag. Ich fand es erschütternd und unvor stellbar, wie mit den Menschen da mals umgegangen wurde. Furchtbar, wie die Menschen im Konzentrations lager stapelweise aufeinandergeworfen wurden, als wären sie Dreck oder Holz. Was damals geschah, darf nie mals vergessen werden. Die Filmdo kumente sollen uns immer vor Augen führen, daß so etwas nie wieder ge schehen darf!" Doris, 18 Jahre „Sehr fasziniert war ich von der Aus stellung „Judentum in Wien" im Hi storischen Museum der Stadt Wien. Man erfuhr viel Neues über das kul turelle und vor allem auch das religiö se Leben der jüdischen Bevölkerung. Eine Schule der Toleranz. Sonja, 18 Jahre
„Den Schock erlebte ich immer beim Herausgehen. Egal ob nach den Fil men oder nach der Ausstellung. Über all auf den Straßen fröhliche Men schen, nach außen hin glücklich. Bei ihrem Anblick konnte ich die damali ge, die heutige Gleichgültigkeit nicht begreifen." Gabi, 18 Jahre PMi „Den besten Eindruck hinterließ bei mir das Abendprogramm mit der Theatervorstellung im Theater der Ju gend. „Die weiße Krankheit" regte si cher viele von uns zum Denken an. Was meinst du dazu, Erika?" Renate, 18 Jahre ■-'S- „Der Inhalt des Stücks war sehr inter essant, da man bis knapp vor Schluß nicht ahnen konnte, ob der Doktor sein Heilmittel verrät oder ob es für immer sein Geheimnis bleibt, falls die Machthaber den Krieg doch nicht ein stellen ..." Erika, 19 Jahre
Die Diskussionsmöglichkeit im Zwölfapostelkeller war äußerst gelun gen; sie half uns, Karel Capeks span nendes Stück zu verdauen..." Rainer, 18 Jahre „Jede Exkursion soll Weiterbildung zum Ziel haben. Dies wurde durch die zahlreichen Programmpunkte her vorragend erreicht. Wissensvermitt lung ohne Pausen und Abwechslung würde ihren Zweck verfehlen, da eine pausenlose Flut von Eindrücken nur blockiert, anstatt zu öffnen. So war es auch wichtig, dazwischen bummeln und sich entspannen zu dürfen. Dies zeichnet eine gut geplante und wohl durchdachte Exkursion aus." Andreas, 18 Jahre Eh Mag. Gerhard Klausberger
„Oma, wie war das 1938?" Die Märztage 1988 aus der Sicht eines Geschichtelehrers „Meine Oma war zu dieser Zeit erst 11 Jahre alt; sie war damals, als die Truppen einmarschierten, mit einer Freundin in Steyr. Alle rund um sie fingen zu schreien an und hoben die rechte Fland, dabei drängten sie nach vorne. Meine Großmutter hatte Angst und wurde immer weiter nach hin ten gedrängt." Diese und ähnliche Berichte lassen erkennen, daß die Schüler mit der jüngsten Vergangenheit hautnah in Berührung kamen. Die Omas und Opas waren vielfach selbst noch Kinder, die damals oft noch nicht verstanden, daß Osterreich und seine Bewohner Wertvollstes - nämlich die Selbständigkeit und Freiheit ihres Landes - für das „Tau sendjährige Reich" verloren hatten. Wie sollten diese Gedenktage gestaltet werden? 1. „Oral history" — Fragestellungen der Schüler an ihre Großeltern, an Zeitzeugen. 2. Sachliche Informationen zum Zeitgeschehen im Unterricht in allen Klassen mit Diskussionen. 3. Referate zu Spezialthemen (hpts. in den IV. Jahrgängen) 4. Einsatz von geeigneten Medien: Dokumentationssendungen („Oster reich I", „Der Anschluß", „1938"), Spielfilme („Der Bockerer", „Die Welle", „Das Tagebuch der Anne Frank"; als Beispiel für passiven Widerstand: „Gandhi") 5. Exkursionen (Wien: Filmmuseum; Linz: Anne-Frank-Ausstellung) Die Aktivitäten wollten wir im Februar '88 beginnen lassen und sollten zusammen mit den „offiziellen" Gedenkfeiern in den Medien abgeschlos sen werden. Schon Wochen vorher boten die Medien eine breite Palette an Informa tionssendungen, Berichten und Kommentaren an. Unsere Befürchtungen gingen in Richtung „Ubersättigung der Schüler". Leider mußten wir das Gegenteil feststellen - bei mehr als 70% der Schüler bestanden trotzdem erhebliche Informationsdefizite. Das Angebot in den Medien war von den Schülern also sehr wenig genutzt worden. Der Geschichteunterricht mußte abhelfen. Offensichtlich warteten einige Schüler wirklich auf sach liche Informationen im Unterricht und deren Untermauerung durch Dokumentationen und Filme. Passivität: In den Diskussionsrunden taucht es wieder auf, dieses passive Verhal tensmuster von etwas weniger als der Hälfte der Schüler. Ist es echtes Desinteresse ?
Zitate von Schülern geben einen anderen Anlaß zur Erklärung: „Die wirtschaftliche Not und andere Gründe „zwangen" ja direkt die Osterreicher, sich für Hitler zu entscheiden. Kann man ihnen denn das übel nehmen?" „Am Anfang haben sich die Leute sicherlich über die Arbeit gefreut, aber später, als sie merkten, was wirklich passiert, hatten sie selber schon sol che Angst, daß sie alles geschehen ließen." Viele Schüler nehmen den Österreichern den Anschluß nicht „übel", sie sehen darin eine Tatsache, die - aus dem Blickwinkel der wirtschaftlichen Not - unwiderruflich geschehen ist. Deuten diese Meinungen aber auch an, daß sie vielleicht auch so gehandelt hätten? Vielen Schülern wurde bewußt, daß der Anschluß auch den Verlust der persönlichen Freiheit in vielen Belangen mit sich brachte: Widerstand be deutete Verfolgung, Gefängnis, ja sogar den Tod. Zeigen manche Schüler durch ihr passives Verhalten, daß sie bereits ver standen haben, wozu Engagement manchmal führen kann ? Dazu ein offizielles Untersuchungsergebnis: 40% der Österreicher inter essieren sich kaum bis überhaupt nicht für die jüngste Vergangenheit! Doch als man zum Jahre 1945, zum totalen Ende, kam, zeigten die Ge sichter kein Desinteresse mehr, sondern nur mehr blankes Entsetzen über die Katastrophe, was etwa so artikuliert wurde: „Ich hoffe, daß so ein Mensch wie Hitler nie wieder groß werden kann!" - „Daran müssen wir alle gemeinsam arbeiten." Schuld und Schuldzuweisung: „Das Jahr 38 holt uns jetzt ein!" „Wir Österreicher werden für das be schuldigt, was der Hitler früher getan hat." „Wir Jungen werden zur Verantwortung gezogen, obwohl wir nicht da bei waren." „Im Urlaub im Ausland begegneten wir sehr häufig solchen Schuldzu weisungen - besonders im Zusammenhang mit der Waldheim-DiskusViele Jugendliche reagierten sehr heftig: „Kann man denn nicht zugeben, daß man dabei war?" „Wenn man diesen Fehler eingesteht, dann könnte doch diese leidige Diskussion über Schuld und deren Zuweisung endlich ein Ende finden." Bei manchen Schülern ist gerade durch die WaldheimDiskussion der Problemkreis „Kollektivschuld" sensibilisiert. Sie wollen nicht auf diese Weise „Vergangenheit bewältigen", indem irgendeine Par tei, möglichst die andere Gruppierung, schuld daran ist, daß Hitler ein marschiert ist. In diesem Sinne sahen sie in den großen offiziellen Veran staltungen der Gemeinden und Magistrate nur „heuchlerische Aktivitä ten", wo nach ihren Angaben nichts anderes geschah, als sich gegenseitig wieder einmal die Schuld zuzuweisen.
Dieses Engagement bot uns die Gelegenheit, festzustellen, daß wir es mit Menschen zu tun haben, die um eine konstruktive Osterreichkritik und um Wahrheitsfindung bemüht sind; sie wollen nicht leere Worte, son dern sie wollen ehrliche Politik. Es dürfte sich in diesen Märztagen '88 bei vielen Schülern ein besonders starkes Demokratiebewußtsein und ein Freiheitsdenken, speziell Freisein von faschistoiden Ideen, gebildet haben. Mag. Katharina Ulbrich 1938 und wir Man spricht heute viel über unsere Vergangenheit, und ich habe das Gefühl, daß man damit ■ von Problemen der Gegenwart und der Zukunft m ablenken möchte. Anstatt die Masse über die »5^^^ 1%l] 9 Vergangenheit zu informieren, sollte man einge- .Jg hender über Probleme unserer Umwelt, den anV Jy gestrebten EG-Beitritt u.a. berichten. Das Umweltproblem tickt wie eine Zeitbombe. ■ählaälil0W ^ haben eine größere Verantwortung zu trat Generationen, über die wir Urteile fällen. Niemand ist bereit, etwas zu unterneh men, und wenn es doch einmal einer wagt, dann wird er nur müde belä chelt. — Darum meine ich, daß Reden über die Vergangenheit uns viel leicht helfen könnten, sie zu bewältigen; Faschismus verhindert man da mit jedoch nicht, denn Faschismus ist eine Form der Passivität, und passiv ist die Mehrheit von uns. Falls wir uns nicht bald entscheiden, bei aktuel len Problemen endlich aktiv zu werden, werden wir es sein, die sich vor den nachfolgenden Generationen rechtfertigen müssen. Die Vergangenheit ist tragisch, die Zukunft noch viel mehr. Ilona Schopp!, Vd " - J können nicht begreifen, wie so viele Mengehen konnten und zu „ihrem" Führer aufsahen. Aber es wäre doch jetzt nicht ^ viel anders - Faschismus ist nicht ein Teil eines ' * ' JEHB^jK Systems, Faschismus steckt in jedem von uns. ■ •«* -jfWp Jetzt, da wir wissen, wie schrecklich es damals war, müssen wir alles daransetzen, um zu ver- ^ hindern, daß so etwas wieder passiert. L ' Wir müssenaus der Vergangenheitlernen. Elisabeth Schuh, IIIc
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2