XXVIII er dann geschlachtet und gebraten, und als wir durch Groß Goltern kamen, waren gerade die -Ligisten durchgezogen, und die hatten das ganze Dorf angesteckt und Feuer an den Rirchturrn gelegt, so daß dreiunddreißig Menschen, Groß und Rlein, umgekommen sind. Meist schlugen wir uns auf eigene Ranne Bier durch; mitunter taten wir uns auch mit den redlichen Bauern, die in den Wäldern lagen, zusammen, und gingen gegen das Gesindel an. Jm großen.Zreien haben wir in einer Stunde achtundvierzig Stück von der Welt gebracht. Aber der Hauptspaß war doch im Ralenbergischen; da waren wir unserer dreihundert und haben sie gehetzt, wie der Hund den Hasen. Das war ganz großartig, sag ich euch!" Gerade wollte er weiter erzählen, da hörten sie es rufen: „Jeduch, jeduch,jeduch!" Die Bauern sprangen auf, ihre Augen wurden blank: „paßt auf, heute gibt es bei uns Hasenjagd!" So war es auch. Drewes aus Engensen harte ansagen lassen, daß ein Zug der Wald- steiner, vierzig Mann stark, unterwegs war; alle, die abkommen könnten, sollten sofort zum Hingftberge kommen. „Rommst du mit?" fragten die anderen Harm. „Vl& ob!" sagte der und lachte; „der Mensch will doch auch einmal ein Vergnügen haben. Und Thedel bleibt auch nicht hier, das könnt ihr glauben. Der Junge kann treffen, sage ich euch!" Es waren über anderthalb Hundert Bauern und Rnrchte am Hingftberge zusammen, als der Wulfsbauer mit dem Rnechte ankam. Sie standen aber nicht da und lachten und schwatzten, wie an jenem Tage, als die Marodebrüder über den Wulfshof kamen; sie sprachen leise miteinander und sahen mit schiefen Augen um sich. Sie waren auch nicht wie rechtliche Bauern anzusehen, sondern mehr wie Rriegsknechte und Wegelagerer. Alle hatten sie Büchsen in der Hand und Spieße über den Rücken, und zum wenigsten eine Pistole im Gürtel und einen Säbel oder einen langen Dolch. Die meisten trugen auch Bärte und sahen überhaupt wenig rechtschaffen aus, bis auf Drewes der sich ganz trug wie vordem. Der Odringer erschrak ordentlich, als der Engenser sich umdrehte und er ihm ins Gesicht sehen konnte Das war ja ein alter Mann geworden! Ganz gelb war er im Gesicht und hatte eine Falte bei der anderen. „Nee," sagte ein Bauer aus Wettmar, als Wulf ihn fragte, ob Drewes krank gewesen war, „nee, krank war er nicht, aber er ist Witmann geworden. Du hast sie ja gekannt, seine Christel, sie und ihr Maulwerk! Na, das hat sic ja auch das Leben gekostet, denn als ihr ein paar dänische Soldaten die Würste und die Schinken vomWien, holten, machte sie ihnen eine solche Schande, daß der eine sie mit dem Säbel über den Döz schlug und das konnte sie nun doch nicht vertragen, wir dachten alle, Drewes wird heilsfroh sein, daß er sie los ist, und sich eine Junge und Hübsche suchen, wie man sich aber irren kann: in drei Wochen ist der Mann um zwanzig Jahre älter geworden! Es ist ein Jammer, und wir merken cs auch, denn so wie früher legt er sich nicht mehr für das allgemeine Wohl ine Zeug. Die beste Rraft ist aus ihm heraus; er ist wie verregneter Heu geworden." Das merkte Wulf, als Drewes an zu reden fing. Schon wie er so dastand, auf den dicken Schlehbusch- stock gestützt, sah man, daß er nicht mehr der Alte war; was er sprach, hatte Hand und Fuß wie vordem, aber es war doch nicht der alte Mut darin; dritter Schnitt war es, ohne Saft und Rraft. „Liebe Freunde," fing er an, „in dieser Seit hat mancher von uns zum lieben Gott gebetet: unser täglich Brot gib uns heute! Der Herr hat unser Gebet erhört; er schickt uns Brot. Jeder tue das Seine, daß dieser Tag uns zum Gedeihen anschlage! Was im einzelnen zu machen ist, wird ein jeder von seinem 0b- rnann gewahr werden. Eins noch will ich euch sagen: ich sehe unseren Freund aus Odringen, den Wulfsbur, unter uns. Ich denke, ihr seid es alle zufrieden, daß er in dieser Sache das Leit in die Hand nimmt; er wird uns darin wohl gern zu willen sein." Die Bauern nickten. „Eins noch," so schloß der Engenser seine Rede, „gebe ich euch zu bedenken: haltet euch genau an die Befehle und seht euch vor, daß die Pferde gesund bleiben! Die meisten werden aus der Vlachbar- schaft sein. Und nun Gott befohlen!" Die (Obmänner und Drewes stellten sich um Wulf. „Meine Meinung ist die," fing Jasper Winkelmann aus Fuhrberg an, „wir müssen sie zwischen uns kriegen, und das geht am besten in den hohen Fuhren vordem Bruche. Also muß ein Teil abwarten, bis sie vorbei sind, und ein Teil vor ihnen sein, damit sie nicht wegkönnen, und die anderen müssen rechts und links vom Wege die Begleitmannschaft bilden, und das müßen alles junge Rerle sein, die leise treten nnd sich schnell hinter dem Gebüsche bergen können." Er machte mit seinem Stocke Striche in den Sand: „Seht her, so meine ich das! Hier ist der Zug, das da sind unsere Leute, die hinter ihnen sind, und das da, die, die vor ihnen sind, und hier sind wir, die wir nebenher gehen. Sobald sie nun mitten in den hohenFuhren sind, fangen wir an zu tuten und zu schießen, und ihr da kommt ihnen von oben und unten über den Hals. Vlatürlich muß bei jedem Haufen einer sein, der sich genau auf das Blasen versteht, damit wir nicht in den Bröddel kommen." Die allgemeine Meinung war, daß es so am besten war, und so teilten sich erst die alteren Leute in zwei Abteilungen und zogen ab, und dann die jüngeren. Der Wulfebauer nahm die Seite nach dem Bruche zu, weil er da am besten Bescheid wußte. Erft gingen sie alle auf einen Haufen und redeten halblaut, dann ging einer hinter dem anderen und das Reden hörte auf. Wulf ging voran, neben ihm schlich Thcdel, hinter ihm kam Rlaus Hennke. Das Wetter war günstig. Die Sonne harte den Erdboden ausgetrocknet, aber doch nicht so, daß »Ile Braken unter den Füßen knackten. Der wind hatte sich gelegt und die Luft war hellhörig, foenn irgendwo ein Specht arbeitete oder ein Vogel in dem trockenen Laube krispelte, so konnte man das weithin hören. Harm hatte sich auf einen Wurfboden gesetzt und rauchte vor sich hin. In den Fuhren piepten die kleinen Vögel, eine Eichkatze lief von Stamm zu Stamm und die Sonne machte das Brommelbeerkraut so grün, als wäre cs Juni. Hennke saß auf einem alten Stucken; er sah aus, als ob er eingeschlafen war. Der Rnecht stand bolzensteif vor einem Stamme, hatte die Büchse scharf gemacht und drehte langsam den Ropf hin und her, gleich als ob er sich auf Hirsche angestellt hatte. Der Wulfsbauer machte sich gerade eine neue pfeife zurecht, da prahlte halbrechts der Markwart. Thede! sah den Bauern einen Augenblick an, drehte aber gleich den Ropf wieder weg. Der Markwart schrie in einem fort, und dann meldete ein Specht, und zugleich eine Drossel. (Fortsetzung folgt.)
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