Hochland, Heft Steyr, November 1919

Seite 4 November 1919 „Innerderger Stadl“ bel Steyr. schnittes zu neuen Ehren gebracht und zu einer Höhe entwickelt, daß er sich stolz den Meister aller Meister nennen darf. Dem Rundgang durch die bei aller Einfachheit mit auserlesenem Geschmack eingerichteten Wohnräume des Hau¬ ses (es ist von Blümelhuber und seinen Schü¬ lern bewohnt) folgt die Besichtigung des Mei¬ sterateliers und der Werkstätte. Dort wandelt sich Blümelhuber förmlich, dort wird er warm und dann erzählt er wohl auch von seinem Sin¬ nen und Trachten, von seinen früheren und sei¬ nen künftigen Arbeiten. Von den größeren Ar¬ beiten, die er vollendet hat, ist ein Kreuz für Kalksburg zu nennen. Das dornenumwundene Herz des Heilands, daß das Kreuz schmückt, ward in verkleinerter Wiedergabe zu einem An¬ hänger verwendet, den einst die Herzogin von Hohenberg trug. Eine Arbeit von wundervoller Feinheit ist das Messer, das mehrere öster¬ reichische Kavaliere dem Meisteratelier als eine Art Stiftung überlassen haben, das sogenannte Fürstenbergsche Jagdmesser. Ein Amerikaner hätte für dieses Wunderwerk der Stahlschneide¬ kunst 10.000 Kronen auf den Tisch gelegt. Das Messer, an dem Blümelhuber ein volles Jahr gearbeitet hat, zeigt reichsten figuralen und ornamentalen Schmuck, und zwar in einer Rein¬ heit der Ausführung, daß des Staunens kein Ende ist, wie man aus einem Stück härtesten Stahles so kristallfeine Gebilde zu schaffen ver¬ mag. Den Knauf des Messers bildet ein durch¬ brochener Kübelhelm, unten am Ansatz der Klinge ist ein Hirsch zu sehen, der durch Akantus¬ blätter schlüpft, dann Steinbock, Gemse und Adler. — Am die Güte seines Stahles zu er¬ proben, nahm Blümelhuber nach Vollendung seines Werkes einen Hammer, setzte das Mes¬ ser auf eine ziemlich starke Eisenplatte und trieb es mit einem kräftigen Schlag glatt durch das harte Material. Weder Heft noch Klinge des Messers nahmen Schaden. An Arbeit fehlte es dem Meister nie; für den neuen Dom in Linz hat er den kunstvollen Schlüssel ver¬ fertigt, für den Domschatz in St. Peter in Wien, der sich im Laufe der Jahrhun¬ derte manche Plünderung ge¬ fallen lassen mußte und heute unter all seinen Gold- und Silber¬ geräten fast kein einziges wirk¬ liches Kunstwerk enthält, war ein Kreuz bestimmt. Die Entwürfe hiezu zeigen Blümelhuber als Denker von philosophischer Tiefe; sonst wäre es ihm z. B. nicht ge¬ lungen, die Gestalt der Maria Magdalena mit dem Gedanken von der allumfassenden Liebe des Erlösers in so glücklicher Weise zu verbinden, wie er es tatsäch lich getan hat. Als Michael Blümelhuber vor Jahren in Paris weilte, erhielt er von Amerikanern ver¬ lockendste Angebote nach New¬ Vork. Er schlug sie aus, denn er hatte die Empfindung, daß er, der an das Rauschen der Enns gewöhnt ist und seine grünen Berge nicht missen kann, unter den himmelhohen Wolkenkratzern New-Vorks totunglücklich sein würde. Der Liebe zur Heimat hat Österreich es zu danken, wenn der Meister des Stahlschnittes geblieben ist; es soll dankbar an¬ erkannt werden, daß sich Staat und Land auf ihre Pflicht be¬ sonnen und Blümelhubers Pläne in einer Art förderten, die ihn die Anhänglichkeit an sein Vaterland nicht zu einer Quelle bitterer Reue werden ließen. Zu allen Zeiten ist die schwierige Kunst des Stahlschnittes nur von wenigen geübt und wohl von niemand zu so hoher Vollendung geführt worden wie von Michel Blümelhuber. Schon den Römern war die künstlerische Bearbeitung des Stahles geläufig, aber sie mußten sich auf gefällige Formgebung durch Schmieden und die ornamentale Gravierung mit Meißel und Grab¬ stichel beschränken. Auch diese noch einfache Art der künstlerischen Stahlbearbeitung ging mit dem Antergang des römischen Weltreiches in den Zeiten der Völkerwanderung scheinbar ver¬ loren. Sie tauchte erst wieder auf im 13. Jahr¬ hundert, einige Meister erreichten im Schmieden, Treiben und Gravieren eine hohe Vollkommen¬ heit, die sich z. B. an den prächtigen Türbe¬ chlägen der Notre=Dame=Kirche in Paris fest¬ stellen läßt. Doch blieb auch da die Gravierung bei der nur linearen Verzierung stehen. (Ab¬ rigens nahm die eigentliche Gravierung des Stahles als Druckplatte von Bildern erst seit 1820 bedeutenden Aufschwung). Vom ersten Grad des Stahlschnittes, der linearen Stahlgravierung, die landläusig Stahl¬ stich genannt wird, gelangte man allmählich auf die zweite Stufe des Stahlschnittes: zum Relief¬ stahlschnitt, bei dem der Stahl mittels Stichel, Meißel und Bohrer auf kaltem Wege wirtlich geschnitten“ wird. Diese mühsame Technik kam erst in den Zeiten der Renaissance in Aufnahme aber auch da wagten sich nur wenige Künstler Deutschlands und Italiens an sie heran. Im¬ merhin sind uns aus jener Epoche eine Reihe wahrer Prachtstücke von Stahlschnitt, in Relief erhalten geblieben. Noch seltener sind die Stahl¬ arbeiten im Vollfigurenschnitt, in dem sich haupt¬ sächlich nur die deutschen Meister Thomas Rucker (Augsburg) und Gottfried Beygebe (Nürnberg) mit besonderem Erfolg zu betätigen vermochten. Der letzte Sieg über die schwierige und mühsame Technik wurde erst nach Jahrhunderten erkämpft: in unseren Tagen. Der Steyrer Michel Blümelhuber brachte die vollfigürliche und dann durchbrochene Stahlarbeit, die sogenannte à jour=Technik, zu einer bisher unerreichten Blüte. Der Stahl, den der Meister verwendet, ist der weltbekannte Böhler-Stahl von Kapfenberg im steirischen Erzgebirge, dessen Härte so hoch¬ gradig ist, daß er nur mit Korundpulver oder mit Diamantstaub geschliffen werden kann. Die kostbaren Werkzeuge, mit denen sich dieses Ma¬ terial bearbeiten läßt verfertigt und härtet sich der Meister selbst nach eigenem Verfahren. 688O Mein' Datastadt! Du mein liabs, mein alts Steyr Voll Gassln und Stiagn; So liab liegst in Tal drinn, Wia a Kind in da Wiagn. Ja, a Kind in da Wiagn! Los, wia's treuherzi plauscht. Willst ös hern, geh na abi, Wo's Wassa z'sammrauscht Va da brünndlklarn Steyr, Va da wiesngrean Enns. Wannst ma noh so a Playl woaßt, Büabl, aft nenn's! Aba schau Di' voneh An Eichtl noh um; Os is ja so liabli Am d'Stadt umadum. Voll Acka und Obstbam Agsögnts Paradeis. And stöllst Di' wo dani Auf a Flöckerl a freis, Aft grüaßen Di' d'Berg! A ganza Kroas volla Pracht. Van Traunstoan zan Schneeberg, Daß da 's Herz völli' lacht. Und unt' liegt mei Stadtl, Altö Häusa, gachö Stiagn, Liegt drinnat im Landl Wia a Kind in da Wiagn! Gregor Goldbacher,

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