Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

71 Die Publikation der Aufhebung nahmen die Nonnen mit ruhiger Ergebenheit hin. So- gleich wurde bei den Nonnen Erfahrung eingeholt, welche Personen bei der Kirche und beim beweglichen und unbeweglichen Vermögen beschäftigt waren, ob nicht etwa der Beichtvater oder jemand anderer von dem Karmeliterkloster an der Besorgung des Ver- mögens irgendeinen Teil gehabt. Es wurde die Auskunft erteilt, dass die vorzügliche Be- sorgung des Vermögens sich die Klosterfrauen stets vorbehalten haben, nämlich die Prio- rin, Subpriorin, Sakristanin, Dispensatorin und Kellermeisterin, welch letztere vier Wochen vorher gestorben war. Die Interessen der beim Wienerischen Banko und dem Kupferamt anliegenden Kapi- talien übermachte ihnen der P. Minister der Wienerischen Karmeliten. Hierauf mussten die vier mit der Verwaltung betrauten Nonnen und der Hausverwal- ter nach vorausgegangener Meineidserinnerung den Manifestationseid schwören. Noch am selben Abend wurden Archiv und Keller, Speisekammer, innere Sakristei, das Spalier-, Antipendien- und Kaiserzimmer als Aufbewahrungsorte des Kirchenschatzes in claustro, endlich die Bibliothek versiegelt. Am 25. Jänner wurde zur Inventur geschritten. Es wurden übernommen 145.680 fl. in Obligationen, darunter 150 fl. bei einem Privaten und 5850 fl. Stiftungskapitalien; die Zin- sen von diesen betrugen 234 fl.; außerdem hatte Graf von Clary und Aldringen jährlich 7 Golten Oel Tyroller Maß ober ein Äquivalent in Geld zu einem ewigen Licht beimHochaltar zu leisten, dazumal reluiert mit jährlich 20 fl. 50 kr. Gelesen mussten werden 143 Stiftmes- sen. Das übernommene Bargeld betrug 3813 fl. 40 kr.; die am 24. Jänner geschlossene Rechnung des Verwalters ergab einen Kassenrest von 106 fl. 36 kr., zusammen Bargeld 3920 fl. 16 kr., wovon den Nonnen das Unterhaltsquantum vom 24. Jänner bis inklusive 15. Februar antizipando ausbezahlt wurde. Davon kauften die Nonnen sogleich den Mehl- vorrat um 35 fl. 5 kr. Außer diesem ergab die Inventur „der Speis" keinen Vorrat, weil der Küchenbedarf täglich durch Einkauf besorgt wurde und der Müllner dasMehl von 14 zu 14 Tagen lieferte. Zur Kellerinventur wurde der Karmelitenfrater Gabriel beigezogen, der schon früher von den Nonnen für die Kellerbesorgung zu Hilfe genommen worden war. Dieser versi- cherte, dass die Weine ihres Alters wegen und wegen Mangels der gehörigen Zuwartung sämtlich abgestanden sein würden, wenn er nicht gleich bei der Übernahme der Keller- wirtschaft junge Weine daraufgeworfen hätte. Die Fässer wurden visiert, nummeriert und die Aufsicht und Haftung dem Inspektor Payerl übertragen. Am 26. und 27. Jänner wurde der Kirchenschatz inventiert, am 28. Jänner der Holzvor- rat und die häusliche Einrichtung des Klosters beschrieben, am29. Jänner die Zellen inven- tiert, die Stiftungsurkunden und Schriften durchsucht, beschrieben und wieder verschlos- sen. Am 30. Jänner wurden die wenigen Passivenmit Zuziehung der Nonnen liquidiert und sofort ausbezahlt, sie bestanden lediglich in Conti per 62 fl. 27 kr. Das Gabenbuch wegen des zur Dechantei Linz jährlich abzureichenden Zehentdienstes, dann des Brunnendiens- tes wurde dem Inspektor Payerl übergeben und somit das Aufhebungsgeschäft im Kloster beendet. Die Aufhebungsrelation des Grafen Mayans wurde in der Sitzung vom 16. Februar

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