Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

63 Klöster verteilt werden. Die Mitteilung war Erdichtung. Im Prälatenstand äußerte sich schon die besorgteste Teilnahme, man fürchtete Anzeige beim Kaiser und von dieser die schlimmsten Folgen. Wie sehr würde man sich aber täuschen in der Annahme, der Verfall der Kloster- zucht sei ein sehr großer und nur der böse moderne Geist herrschend gewesen! Das Kloster Garsten wird manchmal als ein solches angeführt, in dem der rechte Kloster- geist ziemlich geschwunden gewesen sei. Und ein Prälat in Garsten war es, Paul Ma- yer,  1763, der vorletzte Abt des Stiftes, der in Advent- und Fastenzeit nur einmal des Tages aß, abends genoss er nur ein wenig Brot. In seiner Todeskrankheit konnte der Arzt ihn kaum bewegen, das härene Zilizium abzulegen. Und dabei war dieser Abt gegen die Seinen sehr liebevoll. Der letzte Abt von Garsten, Maurus, der für Schulen, Arme, Kunstsachen von größter Freigebigkeit war, erklärte seinen Religiösen, es nicht verantworten zu können, dass einer über einen Gulden bei sich trage, und daher es keinem zu gestatten. Dass die Mönche solche Äbte liebten und bewunderten und derartiges ihnen übers Grab nachrühmten, zeigt, dass sie denselben Geist besaßen. 15. Am Ende des ersten Regierungsjahres. Das erste Regierungsjahr Kaiser Josefs war bereits reich und überreich an Maß- nahmen auf kirchlichem Gebiet. Freilich, mitten in den großartigen Umwälzungen durch die eingeführte Toleranz, gegenüber der Großzügigkeit in den Regierungsunter- nehmungen wider die päpstliche Autorität durch möglichste Loslösung der Bischöfe und Isolierung der Bischöfe als Nationalprimaten, gegenüber den gewaltigen Äuße- rungen eines omnipotenten Staatsgedankens, nach welchem die kaiserliche Macht sich erstrecken sollte auf alles, was nicht rein geistlich ist, und alle Träger einer nicht rein geistlichen Gewalt als Staatsbeamte genommen wurden, gegenüber dem gewal- tigen Ausholen zu einer zivilen Ehegesetzgebung und allen diesen fundamentalen die bisherige Rechtsordnung des geistlichen Lebens erschütternden staatlichen Angriffen erscheint das, was in diesem Jahr speziell gegen die religiösen Orden geschah, noch nicht von großer Bedeutung und doch scheint nichts so sehr beunruhigt zu haben im Volk und Klerus und insbesondere auch in Rom als die immer mehr und bestimmter auftretenden Ankündigungen eines Klostersturmes. Im August 1781 waren zwei Mönche der Karthause Mauerbach in Niederöster- reich nach Wien entflohen. Ihren beim Kaiser vorgebrachten Beschwerden folgte eine Untersuchung am 10. November; bei dieser stellten sich die Angaben der entlaufenen Karthäuser als unbegründet heraus, aber auch Schulden des Stiftes in bedeutender Höhe. Der Kaiser schrieb darüber unter dem 29. November an den Hofkanzler, nicht der besondere Fall, sondern die erwiesene Unnützigkeit der beschaulichen Orden ver- anlasse ihn, jene männlichen und weiblichen Orden, die weder Schule halten noch Kranke pflegen, noch sich in Studien hervortun, durch Kommissäre aufschreiben und ihr Vermögen, wie mit dem Vermögen der Jesuiten geschehen, übernehmen zu lassen. Darunter verstand der Kaiser „die Karthäuser, Kamaldulenser, Eremiten, Karmeliterin- nen, Klarissinnen, Kapuzinerinnen und dergleichen mehr". Der befohlene Vortrag über

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