Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

43 Amt und Ansehen zu nahe. Der Kardinal macht weiter Vorschläge zur Förderung der Pfar- reinrichtung und bittet, den Wittola von diesem Geschäft zu entfernen. In der Tat wurde über mündlichen Auftrag der Kaiserin Wittola durch den Kanzler Blümgen von seiner Kommission abberufen, die Anträge des Kardinals, wurden geneh- migt. Wittola war ein hervorragender Vertreter des österreichischen Neu-Kirchentums, wohl der bedeutendste, den das Land ob der Enns in der Theresianischen Zeit, wenn auch nur vorübergehend, zu ertragen hatte. Er war geboren in Schlesien 1736, genoss in Studien die Unterstützung der Jesuiten, wurde an der Wiener Universität zum Doctor theologiae promoviert, Jansenist und grim- miger Feind der Jesuiten, seiner Wohltäter. Er erhielt die Khevenhillerische Patronats- pfarre Schörfling, wurde geistlicher Rat und Begleiter des Passauer Bischofs auf den Visi- tationen. Nach einiger Zeit nahm er Aufenthalt in Wien, wurde schriftstellerisch tätig, erhielt 1774 die Pfarre Probstdorf bei Wien, 1777 den Titel eines Propstes von Bienko (in Un- garn). Nach dem Tod der Kaiserin verlief sein Leben in literarischer Arbeit. 1784 bis 1789 gab er die „Wiener Kirchenzeitung" heraus. In seiner Schreibart ward er oft grob, unan- ständig, maßlos feindselig gegen katholische Institutionen. Er starb 1797. 8 Ende September 1779 ließ der Kardinal sämtliche ausgearbeitete Akten nebst 207 darüber verfassten Tabellen bei der Landesstelle in Linz überreichen. Diese schickte die Akten nach Revision dekanatsweise nach Wien. Die Hofstelle sendete sie zurück mit dem Auftrag, sie nach vollendeter Durchsicht alle mitsammen zu überschicken. Der Kardinal sah darin eine große Verzögerung, zumal seine Anwesenheit in Wien ihn in die Lage ver- setze, allfallsige Anstände auf der Stelle zu beseitigen. Der Vorstellung des Kardinals wurde stattgegeben (Wien 10. März 1780). So war gegen das Ende der Regierung Maria Theresias alles eingeleitet und im Gang was über die Klöster später dann so vielfach verheerend hinwegschreiten sollte; der auf dem Thron herrschende Geist gegen kirchliche Angelegenheiten hat sich angekündigt, unverhohlen ausgesprochen. Die weiteren wenigen Schritte bis zum letzten entscheiden- den zu tun — davon hielt die Regentin immer wieder die tiefe Ehrfurcht vor der Religion zurück. Diese zarte frauenhafte Rücksicht erlosch mit dem Leben Maria Theresias. 8 Eine bezeichnende Kleinigkeit: Wittola mußte sich vor dem Passauischen Ordinariat verantworten dar- über, dass er am Fest des heiligen Augustin (1778) in der Stiftsund Pfarrkirche zu St. Florian das Amt in pontificalibus gehalten hatte. Er entschuldigte sich damit, dass ihn trotz seiner Bedenken und Gegenvor- stellungen der Prälat von St. Florian hiezu völlig gezwungen habe. Dieser wies diese Behauptung als Lüge zurück: Wittola habe sich vielmehr selbst zum Pontifikalamt angetragen, die Pontifikalien auch schon mit- gebracht gehabt, außerdem ein Gradusbüchlein mit einer Dedikation vorgewiesen, die ihn als infulierten Propst bezeichnete, so dass man in St. Florian gar nicht daran gedacht habe, Wittola sei nicht berechtigt zum usus pontificalium.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2