Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
40 Dessen Sendung wurde zunächst veranlasst durch einen ganz merkwürdigen, für die bewegte Zeit höchst charakteristischen Bauern-Klosterstürmer, Simon Hollensteiner von Öpping. Öpping war eine Filiale von Rohrbach, von diesem eine Stunde entfernt, durch kein Wasser davon getrennt; nach den für die Pfarreinteilung festgesetzten Direktivregeln war eine Expositur daselbst nicht in Aussicht zu nehmen. Nichtsdestoweniger stellte Schlägl über das Drängen der vom Bauernführer Hollensteiner aufgehetzten Gemeinde nach Öp- ping einen eigenen Expositus über die Wintermonate vom November bis Mai; doch der genügte der aufgeregten Gemeinde und ihrem Führer nicht, sie wollten einen beständi- gen Seelsorger haben. Schlägl zeigte sich auch dazu willfährig, ließ einen neuen Pfarrhof, großenteils aus Stiftsmitteln, erbauen und übernahm die jährlichen Baureparationen; al- lein der unruhige Simon Hollensteiner wollte „aus sonderbarer Gehässigkeit gegen das Stift Schlägl und dessen damaligen Vorsteher" keinen Schläglischen Geistlichen, sondern einen Weltpriester haben. Deshalb hatte er, während eben die Einrichtung der Expositur im Werk war, auf Kosten der Gemeinde einen Weltpriester von Wien nach Öpping ge- bracht, einen Militärgeistlichen aus der Olmützer Diözese, welcher aber nach einigen Wo- chen Öpping wieder verließ. Hollensteiners Bestreben war es, Öpping zu einer „unmittel- baren k. k. Pfarre" zu machen. Er suchte den Kaiser Josef auf, und als er ihn nicht in Wien fand, fuhr er bis nach Preßburg zu seiner mächtigen Fürsprecherin, der königlichen Hoheit Maria Christina. Ein andermal drang er mit seinen Bittstellereien bis ins Heerlager nach Böhmen ein; 200mal war er in der Öppinger Angelegenheit (Kirchen- und später auch Schulfrage) nach Linz gereist, 20mal war er nach Wien gefahren und hatte dort mit Win- kelschreibern gearbeitet; er verstand es den rechten Ton zu treffen, er fand bei Hof und insbesondere, wie es scheint, bei Kaiser Josef, teilweise wenigstens, Sympathien, wenn er kam mit seinen kniefälligen Bitten, dass der Kaiser in landesväterlicher, allerhöchster Gnade und Milde ihre, der Öppinger Gemeinde, Seelen sowie den Leib allergnädigst be- schütze. Einmal bekam er wegen unnötiger Hofbelästigung 6 Wochen Eisenarbeit bei der Herrschaft Pürnstein; ein andermal kehrte er von Wien zurück mit einem kostbaren (Krenz-)Partikel, einem Geschenk der Erzherzogin Elisabeth, der Schwester des Kaisers. Vor den Pfleger zu Pürnstein stürmte er im Husarenkleid, mit dem Seitengewehr bewaff- net, der Pfleger ließ ihn ins Loch stecken. Seine von Winkelschreibern verfassten und ge- schriebenen Eingaben, z. B. auch seine Kostenverrechnungen im Schulprozess, lässt er einleiten mit dem frommen Gruß: Gelobt sei Jesus Christus! und seine Eingabe voll von Schmähungen gegen seine Widersacher, besonders den gehassten Abt von Schlägl, schließt der des Lesens und Schreibens unkundige Mann mit den drei Kreuzzeichen. Doch kehren wir aus dieser etwas vorgreifenden Schilderung des Mannes zurück zum kaiserlichen Kommissär Wittola. Im Jahr 1777 war Hollensteiner ein für alle Mal ab- und zur Ruhe verwiesen worden, im Jahr 1778 wurde Propst Wittola nach Öpping geschickt, um zunächst in dieser Ge- meinde die nötigen Einleitungen zu treffen, sodann überhaupt in Ansehung des Pfarrein- teilungsgeschäftes im ganzen Land sich mit dem Ordinariatsmandatar Graf Engl ins Ein- vernehmen zu setzen. Wittola reiste, wie aus seinem Bericht an die Kaiserin zu entnehmen ist, trotz des schlechten Wetters in einem Tag von Linz nach Öpping. Noch am Abend ließ er „den
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