Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

39 sicherer Beweise, Übertreter zur Anzeige bringen, werden als treue und gehorsame Untertanen betrachtet werden. 6. Pfarrregulierung. Endlich ist nun ein Blick zu werfen auf die Inangriffnahme der Pfarrregulierung, deren Durchführung, wie oben bemerkt, unter Josef II. den Klöstern sehr erhebliche Einbußen brachte. Welche Erregung diese allgemeine Pfarrregulierung im Land hervorrief, lässt sich er- messen aus der heftigen Bewegung, welche die Bevölkerung eines Gaues oder einer ein- zigen Ortschaft ergreift, wenn nur eine einzige Pfarrerrichtung oder Umpfarrung vorge- nommen werden soll: wie viele Interessen konkurrieren und okkurrieren da miteinander, die heiligsten mit den schmutzigsten! Die Bevölkerung, oft selbst schwankend, stößt zu- rück, was sie wenige Tage zuvor stürmisch verlangt hat, und was sie als ihr Recht gefor- dert hat, dagegen wehrt sie sich, sobald es ihr werden soll. Gern opfert die Bevölkerung alle Bequemlichkeit, wenn sie auch nur das geringste materielle Interesse gefährdet sieht, wenn Geldopfer gefordert werden, wenn sie von einem größeren Ort, in dem sie Unter- halt und Unterhaltung zu finden gewohnt war, getrennt werden soll. Nun denke man diese Bewegung über das ganze Land verbreitet, ja über Königreiche und Länder und das in Zeiten, wo die Bevölkerung durch Kriege und Teuerung und Not erschöpft ist, die Herr- schaften in ihren Rechten beständig geschmälert werden und der Geist der Revolution allenthalben zu herrschen anfängt, — nicht zum wenigsten angefacht und gefördert vorn Kaiser selbst, der vom Thron herniederstieg und im Hochgefühl seiner Majestät, in dem leidenschaftlichen Verlangen alle zu übertreffen, alle in Erstaunen zu setzen und zur Be- wunderung hinzureißen, einzig dazustehen, einzig Josef zu sein: es göttlicher fand, die Liebe des Volkes in ungewohnter Weise auf leichte Art zu gewinnen oder zu genießen als das Volk in herkömmlicher, amtsmäßiger Art zu regieren. Das musste den Geist der Auf- lehnung gegen die Herrschaften im Volk großziehen, der Geist erhebt sich schließlich auch gegen den, der mitgeholfen ihn zu beleben. Wie hat Maria Theresia geschrieben an Mercy? (vgl. S. 15.) Dass unter diesen Umständen die Pfarrregulierung besondere Schwierigkeiten für die Klöster mit sich bringen musste, lag in der Natur der Sache: Prälaten waren ja geistliche und weltliche Herren zugleich, von ihnen und ihren Stiften wurde beides gefordert: Seel- sorger und was die Seelsorge kostet, und bei der großen Ausdehnung ihrer Jurisdiktions- gebiete mussten ihnen die Opfer, die so plötzlich zahlreich von ihnen gefordert wurden, erschreckend groß erscheinen; es ist begreiflich, dass sie sich zögernd gegenüber den An- forderungen des Volkes und der Regierung verhielten, begreiflich, dass sie für die Größe und den Bestand ihrer Stifte fürchteten, dass sie lieber durch Exposituren oder Exkursio- nen dem Seelsorgermangel abhelfen wollten als durch Errichtung neuer Pfarreien. Das fürstbischöfliche Ordinariat Passau hatte zur Pfarrregulierung als seinen Manda- tar bestimmt den Grafen von Engl, Dechant zu Enns. Als kaiserlicher Kommissär wurde entsendet der Propst Mark Anton Wittola (1778).

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