Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
499 ft, die Pfarrer 800 fl. jährlich. Die Wirtschafts-Verwaltung ging an das „Pflegge- richt der k. k. französischen Staatsherrschaft Reichersberg" über, an dessen Spitze der Hofrichter des Stiftes Kurzwernhart blieb. In ähnlicher Weise wurde mit dem Stift Ranshofen vorgegangen, dessen Prä- lat am 20. April 1809 gestorben war; dort wurde am 4. Juli die Aufhebung des Stiftes angekündet. Unter dem 13. Juli 1810 machte die provisorische kaiserlich französische Lan- deskommission in Ried bekannt, dass der kaiserlich französische Domänendirek- tor zu Salzburg die von ihm angeordneten Versteigerungen bei Reichersberg und Ranshofen vorläufig eingestellt habe. Nach neuerlicher Ankündigung und Ver- schiebung von Verkäufen und Verpachtungen bei Reichersberg und Ranshofen wurde von der Domänendirektion die Abwartung des Eintreffens eines Kuriers von Paris befohlen. Der Domänendirektor Boisseau bestellte Wißhofer zum Administrator von Reichersberg und Ranshofen (17. Juli 1810). Unter dem 15. September 1810 verfügte Wißhofer, dass die Quittungen zur Interessenbehebung für das Stift Reichersberg vom Stiftsdechant und vom Pflegsbeamten ausgefertigt werden sollen, da das Stift keineswegs aufgehoben, sondern nur in Administration gesetzt sei. Am 15. und 26. wurde Vieh aus dem Meierhof zu Reichersberg versteigert um 2510 fl. 12 kr.; von Ranshofen waren Fahrnisse und Preziosen um 13.000 fl. veräußert worden, die nach Salzburg abgeliefert wurden. 68 Wißhofer beeilte sich. Unter dem 12. September 1810 trat Napoleon das Innviertel und Hausruck- viertel an Bayern ab. Es wurde eine königlich bayrische Lokal-Kloster-Kommis- sion unter dem Kommissär Bierdimpfl eingesetzt und Kurzwernhart als proviso- rischer Stiftsadministrator bestellt (15. Dezember 1810). Die Silbergeräte und Möbel, die zur Einrichtung für den bayrischen Hofkom- missär nach Ried gebracht worden waren, mussten nach Reichersberg zurück- transportiert werden. Es folgten neuerlich Versteigerungen von Vieh, Fahrnissen, Keller-, Körner-, Holzvorräten, Möbeln, Geschirr, Leinwand, Bildern, Silber und Preziosen, Ver- pachtung des Bräuhauses, der Gründe, Gewerbe und Rechte. Hierauf wurde die Lokalkommission aufgehoben und die Finanzdirektion des Unterdonaukreises zu Passau übernahm die Aufsicht und Leitung der Stiftsadministration 1811. Silber und Preziosen und die Geldvorräte wurden bei der Kreiskasse in Passau depo- niert. Das Promptuarium aus dem Jahr 1420, in welches alle alten Stiftsurkunden 68 Die Reichersberger Preziosen waren wohl inventiert, aber nicht weggenommen worden. Beim Napoleonfest in Ried am 15. August 1810 trug der Passauer Weihbischof Gaisruck ein Pastorale aus dem Kirchenschatz von Reichersberg, des Stiftes schönste Einrichtung und Silber- geschirr glänzte an der Tafel, die Preziosen und Pektoralien der Prälaten sollen die Damen der Justizräte geschmückt haben.
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