Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

498 Schule, vom Hausmeister benützt. Die ehemaligen Stiftshäuser im Ort Spital sind meist in Privatbesitz überge- gangen. Die herrliche Kirche ist noch im Besitz ihres großen Schatzes: der Bilder vom Kremser Schmidt. Die Orgel ist neu, die alte Stiftsorgel ging beim Brand zu- grunde. 107. Stifte und Klöster nach dem Frieden. Im Jahr 1809 zog Österreich allein wider die französisch-deutsche Armee Na- poleons ins Feld. Den Sieg bei Aspern über den unbesiegten Napoleon zu errin- gen war für Österreich keine größere Ehre als den Krieg gegen ihn unternommen zu haben; diese konnte auch in der unglücklichen Schlacht bei Wagram nicht verloren gehen. Im Frieden zu Wien 14. Oktober 1809 musste Österreich das Innviertel und den westlichen Teil des Hausruckviertels abtreten. Die Grenzlinie war gezogen von Schlägen an der Donau fast ganz südlich bis Schwanenstadt; bis zum Attersee bildete dann die Ager die Grenze, die vom Südende des Sees bis zum Falkenstein am Wolfgangsee verlief. Damit waren die Stifte Reichersberg und Ranshofen, das Kapuzinerkloster in Schärding, die Religionsfondsherrschaften Mondsee und Engelszell, aber auch manche Besitzungen von bestehenden oder aufgehobenen bei Österreich ver- bliebenen Stiften unter französische Herrschaft gekommen. Der Sitz der Landesregierung war in Ried, die Residenz des Intendanten über das Innviertel und den abgetretenen Teil des Hausruckviertels in Aurolzmünster. Dem Intendanten war an die Seite gegeben die französische provisorische Lan- desverwaltung, bestehend aus zwei geistlichen und sechs weltlichen Justizräten und zwei Finanzräten, früheren Beamten (bzw. zwei Pfarrern) im Land. Propst Ambros zu Reichersberg war am 17. Jänner 1810 gestorben; im Stift grassierten Seuchen; es war Militärspital geworden. Am 27. und 29. Juni 1810 erschienen Kundmachungen über Versteigerungen von Feldfrüchten auf der Wurzel, Getreide, lebender und toter Fahrnis, Mobi- lien, Kellervorräten, Preziosen und Kirchenparamenten des Stiftes Reichersberg. Für eine „k. k. französische Kloster-Aufhebungs-Kommission" zeichneten der Justizrat „Franz Xaver Wißhofer, Landescommissionsrat und Specialcommissär" und „Lemp, Commissär". Wer diese Lizitationen befohlen und den Wißhofer da- mit beauftragt hat, ist nicht aufgeklärt. Mit Dekret vom 30. Juni, gezeichnet von Wißhofer und Lemp, wurde mitgeteilt, dass vom 1. Juli ab „die Pensionen der Herren Stiftsgeistlichen ihren Anfang nehmen", diesen jedoch noch für den Mo- nat Juli bewilligt werde den Unterhalt aus dem Stiftsvermögen zu beziehen. Für den 1. August und die folgenden Tage wurde die Lizitation von Äckern, Wiesen, Bräuhaus, Mühle etc. angesagt. Am 1. August hörte auch die geistliche Kommunität auf. Doch blieben der Dechant Herkulan Müller und der Kellermeister Michael Wührer im Stift, außer- dem Anton Straub als Pfarrer; 3 Chorherren verließen das Stift. Jeder erhielt 600

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