Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

470 In kurzer Zeit hat Leopold der Kirche in seinen Staaten sehr Gutes getan; der Josefinismus aber blieb ihr, über ihr, in ihr. Einen gründlichen Umsturz bereitete Leopold dem Josefinismus auf staatlichem Gebiet, insbesondere durch Aufhebung des Steuerpatentes (6. April 1790) und Wiederherstellung der früheren ständi- schen Verfassung (2. November 1790). Diese großartige politische und staatsöko- nomische Reaktion muss mit in Berechnung gezogen werden zur Wertschätzung der Regierung Leopolds für die Stifte. Bei der Wiederaufrichtung der Ständeverfassung, der Kollegien der Verordne- ten und der Ausschüsse blieb die Landesregierung mit dem Präsidenten an der Spitze beibehalten. Rottenhahn verließ das Land ob der Enns 1790 und wurde Oberstburggraf in Prag; an seine Stelle trat August Graf von Auersperg (1791—1805). Am 30. März 1792 starb Leopold II. Ihm folgte sein ältester Sohn Franz II. 105. Stifte und Klöster im französischen Kriegssturm. Die Welt stand im Flammenzeichen der französischen Revolution. Der arme König von Frankreich, Ludwig XVI., schon in der Gewalt des Volkes, musste an Österreich den Krieg erklären, der Schwiegersohn Maria Theresias ihrem Enkel. Franz II. ward in den 1. Koalitionskrieg verwickelt, der bis 1797 dauerte. Selbstverständlich konnten unter diesen Umständen keine großen kirch- lichen Fragen zur Behandlung kommen und so hat auch unsere Klosterge- schichte nichts von Bedeutung aus jener Zeit zu melden. Allerdings findet die Geschichte vom Josefinischen Klostersturm bei dem einen und andern Stift einen gewissen Abschluss in dieser Zeit infoferne, als das Leben jener Männer endete, die durch ihre Stellung die Führer im Kampf, die Träger der Geschicke der Stifte, die Verkörperung ihrer Geschichte wa- ren; es starb der Prälat von St. Florian 1793, der von Lambach 1794, der von Schlägl 1797. Ersterer hatte seinem Stift noch eine Auszeichnung erringen wollen, ein Erbe vom vernichteten Stift Garsten: die Erb-Landes-Hofkaplanstelle im Land ob der Enns. Unter dem 1. Oktober 1792 bat der Propst von St. Florian, dass die Erb- Landes-Hofkaplanstelle in Österreich ob der Enns, welche früher der jewei- lige Abt von Garsten bekleidet hatte, mit der Propstei St. Florian verbunden werde. Der Propst beruft sich in seiner Bittschrift auf die Verdienste des Stif- tes in mehrhundertjähriger Kulturarbeit, besonders auf die im Bauernauf- stand erworbenen; „endlich hat Unterzeichneter während der Regierung des höchstseligen Kaisers Josef II. glorwürdigsten Andenkens ganz allein und

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