Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

19 Der Zustand Waldhausens war der elendeste geworden. Mit kaiserlicher Entschlie- ßung vom 24. März 1721 war die Propstwahl in Waldhausen noch gestattet worden. Das Übergabsinventar vom 5. Mai 1721 an den im ersten Wahlgang zum Prälaten er- wählten Stiftsdekan Josef Nägerle, gebürtig aus Grein, zeigte eine Barschaft von 3701 fl. 9 kr., Schulden herein 161.726 fl. 2 kr., Schulden hinaus 161.750 fl. Die imJahr 1740 von der Landeshauptmannschaft gepflogenen Erhebungen ergaben Ak- tiva 112.926 fl. 4 kr., Passiva 341.194 fl. ImJahr 1743 unter dem6. November gab die Kaiserin Befehl dem in Schulden so vertieften Waldhausen beizuspringen, aber geheim und behut- samvorzugehen, damit nicht der Prälatenstand diskreditiert werde. Es sollte ein und anderer Mitstand genannt werden zur Untersuchung des Vermögensstandes. Der Propst von St. Flo- rian und der Abt von Garsten wurden hiezu beauftragt. Der Prälatenstand übernahm die Zahlung der Waldhausischen Rechnungen für den nächsten Linzer Ostermarkt. Nachdem auch die ferneren Zahlungstermine ungehindert beobachtet wurden, war man derMeinung, dass der Prälatenstand die Stift Waldhausensche Besorgung vollkommen übernommen habe. Inzwischen aber stellte der Prälatenstand der Kaiserin vor, dass nur dann Rettung für Waldhausen möglich wäre, wenn die Kaiserin die Gläubiger auf 2% Interessen herabsetzen und zehn Jahre das Aufkündigungsrecht suspendieren würde. Die Regierung war gegen ein solches Aushilfsmittel. Die von ihr hierauf vorgenommene Untersuchung ergab an Passiven 375.482 fl. 18 kr. 2 ₰ , an Aktiven 94.476 fl. 40 kr., wobei noch anzumerken, dass in den Ak- tivstand 11.853 fl. Kapitalien eingerechnet waren, wovon schon lange Zeit keine Interessen bezahlt wurden (Bericht an die Kaiserin vom 20. Juli 1746). Nach einem Inventar dd. 8. Februar 1750, aufgenommen vom Regierungskommissär und seitens des Stiftes von Karl Josef Werneking, Dechant und Administrator des Stiftes, überstiegen die Passiven um rund 41.000 fl. die Aktiven. DieWaldhausner Stiftskreditoren in Österreich ob der Enns überreichten April 1750 ein Gesuch an die Kaiserin um die Be- stellung eines wirtschaftlichen Administrators; sie kämen ungeachtet aller Bemühungen weder zu Interessen noch zumKapital; auch verlangten sie, dass auf dieWaldhausner Pfar- reien Kooperatoren (aus dem Stift) gesetzt werden. Die Regierung konnte darauf an die Kaiserin berichten, dass sie bereits nach kaiserlichem Reskript vom 20. Juni 1749 den De- chant von Waldhausen als Administrator eingesetzt und ihm das gesamte Wirtschaftsver- mögen mit Beiziehung des Hofrichters übergeben, dem Propst von St. Florian die Einsicht- nahme in die Temporalien aufgetragen habe. Als im Jahr 1752 der Abt von Kremsmünster die Administration übernahm, lasteten auf dem Stift Waldhausen 243.000 fl. Schulden. Unter der Administration wurden sie abgesto- ßen bis auf 168.000 fl., welche das Stift Waldhausen in mehreren Raten an Kremsmünster schuldig geworden war, am 31. Dezember 1754: 80.000 fl., am 31. Dezember 1757: 37.000 fl., Ostermarkt 1761: 51.000 fl.; außerdem noch 5700 fl. an die dem Stift inkorporierten Got- teshäuser. Diesen Schulden standen 35.000 fl. Aktiva gegenüber. Der Prälat von Kremsmüns- ter stellte bei der Kaiserin die Bitte, dass dem Stift Waldhausen eine Prälatenwahl gestattet werden möge. Darüber wurde das Gutachten der Landeshauptmannschaft eingeholt; diese fand ohne Einrechnung desWeines und des Kornvorrates Aktiven 122.498 fl. 15 kr., Passiven 176.731 fl. 27 kr., daher einen Passivstand von 54.233 fl. 12 kr. und mit Hinzurechnung von rund 10.000 fl. uneinbringlichen Schulden aus kaiserlichen Schuldverschreibungen ex annis 1511, 1633, 1645: 64.233 fl. 12 kr. Die Passiven schienen aber mit demWert der Realitäten,

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