Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

439 Leopold II. 101. Zum Frieden. Abänderungen in theologischen Studien und in geist- licher Erziehung. Mit dem Tod Josefs II. war sein Bruder Leopold II. Herrscher geworden am 20. Feb- ruar 1790. Er war vom gleichen Geist beseelt gewesen wie Josef; aber in der Verwaltung seines Großherzogtums Toskana war er klug geworden, er hatte Mäßigung gelernt. Leopold II. schaffte rasch der Monarchie Frieden nach außen hin. Zuerst musste Friede geschlossen werden mit Preußen, noch ehe dieses den Krieg begonnen hatte. Der König von Preußen hatte schon einen Bundesvertrag mit der Türkei unterzeichnet. In der Friedenskonvention verpflichtete sich Österreich gegenüber Preußen alle Erobe- rungen den Türken zurückzugeben, Leopold durfte dafür Belgien wieder an sein Haus bringen und sich am 30. September 1790 zum römischen Kaiser wählen, am 9. Oktober krönen lassen. Auf der Reise nach Frankfurt kam Leopold mit seiner Gemahlin und zwei Söhnen am 24. September 1790 nach Linz. Am folgenden Tag setzte er mit seiner Begleitung nach 6 Uhr morgens die Reise fort. Auf der Rückkehr von der Kaiserkrönung gab der Kaiser bei seinem sehr kurzen Auf- enthalt in Linz am 21. Oktober (von 4 Uhr nachmittags bis 9 Uhr abends) Ordensleuten Gelegenheit ihre Wünsche, worüber sie schon durch gnädige Worte Leopolds tröst- lichste Hoffnung haben mochten, persönlich vor ihn zu bringen. Mit Bitten um Abhilfe wider das unter seinem Bruder Geschehene war er ja überla- den von Übernahme der Regierung an. So gelangten der Prior von Kremsmünster und der Bibliothekar P. Wenzel Grumich in Linz zur Audienz, in der sie eine Bittschrift um Entfernung des Kommendatarabtes und Wiedereinsetzung des vorigen Prälaten oder um neue Abtwahl überreichten. Der Kaiser besuchte das Spital der Elisabethinerinnen, das schon ganz weltlich ein- gerichtet war. Die Oberin wollte ihre Anliegen mündlich oder schriftlich an ihn bringen. Allein die ihn begleitenden Herren umringten ihn von allen Seiten, so dass sie nicht zu ihm gelangen konnte. „Nun tat sich ein guter Freund hervor, der um Audienz bat und die Bittschrift überreichte." (Chronik.) Am 29. Oktober 1790 bestätigte eine kaiserliche Resolution die Satzungen der Anstalt und gestattete die Aufnahme neuer Kandidatin- nen, wenn die Elisabethinerinnen die 12 Betten für weibliche Kranke aus Linz, die der Kaiser, jedes mit 60 fl. jährlich, zum Andenken an seine Anwesenheit in Linz stiftete, übernehmen wollten; außerdem wurde ihnen für diesen Fall die Annahme von Ver- mächtnissen bis 2000 fl. gestattet; 2000 fl. sollte auch die Mitgift der Kandidatinnen betragen. Als Gebär- und Findelhaus wurde das ehemalige Kloster der Barmherzigen Brüder (in Straßfelden) bestimmt, wohin auch die 12 gestifteten Betten kommen soll- ten, wenn die Elisabethinerinnen sie nicht annehmen wollten.

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