Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

437 Die Erledigung erfolgte dd. Wien 28. Mai 1790: Mit Rücksicht auf die im Gang befindliche Steuerregulierung lässt sich von dem Vorschlag kein Gebrauch machen und sind neue Entwürfe zu verfassen, das Ergebnis ist sogleich dem Bischof zu übermitteln mit dem Bemerken, dass er sich vorzüglich zu den Gütern der aufge- hobenen und inkorporierten Stifte bestimmen möge, und dass besonders Garsten, Gleink und Baumgartenberg geeignet schienen. Erst nach dem Abschluss der Ver- handlungen mit dem Bischof wird man sehen, welche Güter für das Domkapitel übrigblieben. Die Entwürfe für die aufgehobenen Stifte mussten von der Staatsgüteradminist- ration, für die inkorporierten durch den Administrator verfasst werden. Will unsere Geschichte noch weiter vorangehen, um zu einem Abschluss zu ge- langen, so muss sie treten vor die Leiche Josefs II.: sie muss Abschied nehmen von ihm! denn sie geht nun schon hinaus über sein Leben. 1790. 100. Tod Josefs II. Am 15. Februar 1790 hatte der Kaiser die letzte Ölung empfangen. Die Nacht vom 19. auf den 20. Februar verbrachte er mit Ausnahme kurzen Schlummers im Gebet mit dem Beichtvater. Am Morgen des 20. Februars 1790 übergab er seinen Geist in die Hände des Herrn. Nun war er befreit aus der Leibeigenschaft! erlöst. Wien, das mit einer Art schmerzlicher Wollust sich dem Leid, der Klage, der Trau- erfeier um die verstorbene Mutter Josefs II. hingegen hatte, Wien blieb kalt beim Tode Josefs, man empfand ihn nicht als Verlust. Ja die gemeinsten Schmutz-Skribler wagten es den Wienern zu gefallen mit spöttischen Todesanzeigen, mit Pamphleten wider den toten Kaiser. Konnten die Menschen ihn nicht mehr lieben um dessentwillen, was er ihnen getan, konnten sie ihn wirklich nicht mehr lieben, um dessen willen, was er alles, alles für das Volk tun wollte, so hätte man und wird man doch immer ihn lieben müs- sen um dessentwillen, was er gelitten. An seinen herrlichen glänzenden Eigenschaften —was zieht ammeisten an? was bringt ihn uns am nächsten? Die Schuld! Er hat sie büßen müssen! Werfen wir noch einen Blick auf das tragische Ende seines Lebens. Nachdem er zum ersten Mal versehen worden war (S. 417), lächelte ihm noch einmal ruhmreiches Glück: Russen und Österreicher erfochten glänzende Siege über die Türken; die Krönung, aber nicht das Ende der Siege, war die Eroberung Belgrads durch den österreichischen General Loudon am 8. Oktober 1789. Am 25. Dezember begrüßte der Kaiser „den Eroberer Belgrads" in der Wiener Hofburg. Entgegengehen tonnte er nicht mehr; Loudon weinte beim Anblick der Schwäche des Kaisers.

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