Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

431 Vorzüge finden und wo die mehreren Mängel? wenn beide betrachtet werden in ih- rer Schwachheit, warum sagt Eybel nichts, wie es sein wird, wenn es Zank und Streit gibt unter den weltlichen Wärterinnen und vielleicht noch Schlimmeres: Neid, Brot- neid, Eifersucht? Wo empfindet es der Kranke mehr? wirklich bei den Aszetinnen, die es sich zur Lebensaufgabe machen wenigstens sich zu üben, sich zu bemühen in Geduld, in Sanftmut und Verdemütigungen? Wer kostet dem Staate weniger? die bezahlten Wärterinnen oder die Klosterfrauen, die von ihrem Vermögen leben, von ihrem Vermögen die Kranken pflegen, das Spital herhalten und keine Pension brau- chen, wenn nur ihr Eigentum ihnen nicht genommen wird? Nicht aus Gnade liegt der Kranke in ihrem Haus, sondern weil sie es für ihre Lebenspflicht halten dem Kranken, in ihm dem göttlichen Heiland zu dienen! Wo wird der Kranke mehr Gemütserhö- hung finden, dort, wo er unbezahlbare Liebe, oder wo er bezahlte Notarbeit findet? Wo wird er guten Mutes bleiben: wo er weniger zu klagen hat, oder wo er mehr und leichter klagen kann? wo er kaum etwas zu befehlen hat, weil ihm fast nichts zu wün- schen übrig ist, oder wo er befehlen muss, dass er nicht vernachlässigt werde? Und mit welchem Erfolg wird denn der Kranke einer Person befehlen, die er nicht be- zahlt? Eybel hat gesagt: „Die Klosterfrauen glauben immer mehr zu sein als Kranken- würterinnen." Ja sie sind mehr: Schwestern der Armen, von mütterlicher Liebe be- seelte Pflegerinnen der Kranken. Welch eine Selbstironie, wenn Eybel meint, der Kranke werde wohlgemuter sein, wenn er homogene Leute um sich hat! Wie oft wird es vielmehr geradezu eine Vorbedingung der Genesung sein, dass der Kranke aus der ihm nur allzusehr homogenen Umgebung herauskommt, und daher eben auch das Sehnen der armen Kranken nach einem geistlichen Krankenhaus: die Krankheit ist etwas gar Ernstes, sie schließt aus von der Welt und dem Weltleben; sie ist eine Heimsuchung Gottes und darum die Sehnsucht der von der Hand Gottes Berührten sich in den Händen derjenigen zu wissen, die in steter Vereinigung mit Gott den ar- men Kranken eine neue, stille, heilkräftige Welt bei sich in ihrem Haus eröffnen: die Welt ihrer pflegenden Liebe. 99. Die Realdotation des Bischofs. Die bedeutendste staatskirchliche Angelegenheit im Land ob der Enns nach Frei- gebung der Klosterverwaltung war die Realdotation für das Bistum. Seit 1785 war die Sache ins Stocken geraten. Generalvikar und Domkapitel hatten angesucht mit Herrschaften von aufgehobenen Klöstern und Stiften dotiert zu werden; es wurde eine eigene Kommission angeordnet und protokollarische Einvernehmung gepflogen und unter dem 4. Juli 1788 von der Landesstelle an die Hofkanzlei Bericht erstattet. In Vorschlag wurden gebracht die Stiftsherrschaften Garsten, Gleink, Baumgarten- berg, Engelszell, Mondsee: die Stifte stehen mit Ausnahme des letztgenannten leer, die wenigen Priester in Mondsee können nach Lambach oder Kremsmünster trans- feriert werden; der Administrator von Mondsee hatte ohnedies erklärt nach vollen- detem Verkauf und Verbestandungssystem sich der Administration zu begeben. Es kommt doch auf das gleiche hinaus, wer die Güter administriert, der Überschuss muss immer (verrechnet und) abgeführt werden. Freilich die Suspendierung der

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