Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

430 Nur ein und die andere Rechtsfrage, die bei den Brüdern sich ergab, mag Erwäh- nung finden. Am 27. Jänner 1789 bat der Prior Quirin Holbeck nach wie vor das Recht ausüben zu dürfen die im Spital verstorbenen Kranken durch den Ordensgeistlichen auf dem allgemeinen Friedhof zu beerdigen; er berief sich dabei auf die Bullen Gregors XIII., Sixtus' V., Clemens' VIII., und dass der Orden mit diesen Privilegien von den Landes- fürsten und Bischöfen in den Ländern und Diözesen aufgenommen worden war, ins- besondere darauf, dass Josef II. ihnen diese Privilegien bei den schon neu errichteten Kirchhöfen in Wien bestätigt hatte. Die Regierung gab das Ansuchen dem Ordinariat um Gutachten, doch sollte dies erstattet werden ohne Rücksicht auf die päpstlichen Bullen, für welche ein placetum regium nicht bestehe, sowie auch nach aufgehobe- ner Exemption ein derartiges Privilegium keine Wirkung mehr haben könne. Das Konsistorium solle sich nur äußern, ob es nicht geneigt sei den Priester der Barmher- zigen Brüder zu diesen Begräbnissen zu delegieren als einen Hilfspriester des Pfar- rers. Der Bischof will es dem Gutdünken eines zeitlichen Pfarrers überlassen haben, ob, auf welche Art und wie lange er den Priester der Barmherzigen Brüder als Hilfs- priester die Beerdigung vornehmen lasse. Kein Anstand sei diesem Priester die Kon- duzierung der eigenen Ordensgeistlichen gegen jeweilige Meldung beim Pfarrer zu erlauben. Darnach erfolgte die Entscheidung dd. Linz 17. Februar 1789. Die Bitte des Priors dd. 7. Jänner 1790 um Pensionsverleihung für die durch Ver- mehrung um 20 Kranke notwendig gewordenen zwei Ordensbrüder gibt dem Präsi- denten und Eybel neuerlich Anlass zu heftigen Ausfällen: Es ist den Brüdern nicht zu tun um Vermehrung der Krankenbetten, sondern des Konventes. Die Vorliebe der Leute für die Brüder und Elisabethinerinnen wurzelt in einem ganz ungegründeten Vorurteil. Die Krankenpflege würde gewinnen in ordentlichen Spitälern mit besolde- ten Chirurgen und Krankenwärtern und -wärterinnen, das beweist gegenwärtig in Linz das Lazareth. Der Prior wird abgewiesen dd. 16. Jänner 1790, da der Religionsfond bloß für die Seelsorge bestimmt ist, im Stiftungsfond sich aber nichts präliminiert findet zur Er- haltung der Barmherzigen Brüder. Die Regierung dokumentierte also selbst die Vorliebe des Volkes für geistliche Krankenanstalten; damit fällt jede Anklage der Regierung auf sie selbst zurück. Da- mit, dass sie die Vorliebe des Volkes als Vorurteil bezeichnet, verurteilt sie sich. Wer ist mehr zum Urteil berechtigt und befähigter als derjenige, der es an sich erfahren hat, wie wohl die barmherzige Pflege tut — der arme Kranke? Soll das Volk nicht einmal das Recht der Vorliebe haben? soll die Regierung das Recht haben die barmherzige Liebe, welche die Vorliebe wachgerufen und der Vor- liebe entgegenkommt, dem Volk zu entziehen? Großes Unrecht ist es, wenn im Ver- gleich zwischen geistlichen Pflegern und weltlichen Wärtern an geistlichen Personen nur Mängel oder Schwächen gesehen werden, die Laienwärter aber nur im Ideal. Aber wenn beide als Ideale geschaut werden, wo werden sich dann die größeren

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