Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

414 sein Wirt, der Abbé Commendataire, und die beiden Exprälaten befanden sich dort „kreuzwohlauf". Auch der Dechant von Enns, Exprälat Wolfgang von Gleink, war erschie- nen. Hier ließ sich Exabt Jakob bereden seine Sekundiz feierlich zu begehen; der 14. September wurde dazu bestimmt. Am 12. September 1/27 Uhr abends kam der Bischof nach Kremsmünster, am Sonn- tag den 13. visitierte er in Sippbachzell (Treml in Pfarrkirchen und Hall, Froschauer in Adlwang). Am 14. wurde die pfarrliche Visitation in Kremsmünster und zugleich die zweite Primiz gehalten. Während zum Einzug des Bischofs das Ecce sacerdos magnus gesungen wurde und der Bischof den Tabernakel visitierte, bekleidete sich der „Primizi- ant" in der Sakristei mit den Pontifikalkleidern und die zwei Exprälaten von Gleink und von Kremsmünster nahmen Chorrock, Stola, Pluviale und setzten die Infel auf. Benedik- tiner-Priester verrichteten die Dienste am Altar. Es war eine stille Messe und die Musik ließ sich ununterbrochen hören; nach der Messe nahm der Prälat Chorrock, Stola und Infel und ging mit seinen ministris in der Kirche herum, dem Volk den Segen zu erteilen. Der Bischof hatte der Messe unter dem Baldachin beigewohnt und begann nach dersel- ben die pfarrliche Visitation. Um 11 Uhr war alles geendet, gegen 1 Uhr Tafel; nachmit- tags wurde die Deutsche Schule im Markt besucht, um 5 Uhr auf dem Theater eine kleine Opera oder Komödie aufgeführt. Zur Priorwahl waren alle Expositi des Stiftes Kremsmünster, aber auch die von Gars- ten und Gleink geladen worden; es kamen zehn von Garsten, einer von Gleink. Am 15. begann das Skrutinium. „Alles wurde recht feierlich wie bei einer Prälaten- wahl gehalten." Der 17. September 1789 war der Tag der Priorwahl, „der so großen Feierlichkeit, welche das alte Kremsmünster, ja Oberösterreich bei einer solchen Wahl noch niemals erlebt hat". Die „Feierlichkeit" verdient insofern einige Beachtung, als sie die einzige Priorwahl im Land ob der Enns nach dem Gesetz über die Kommendataräbte darstellt und die Regierungsauffassung von der Stellung eines Priors nach dem genannten Gesetz zeigt. Unter den Konventualen erregte diese „Feierlichkeit" schmerzliche Heiterkeit. Der Bischof wohnte dem vom P. Kellermeister zelebrierten hl. Geistamt an auf dem Betschemel, die Stiftsgeistlichkeit außer dem Speisgitter und im Kirchengestühl. Nach der Messe zog man in Prozession in das Wahllokal (Refektorium) ein. Der Bischof, Domherr Treml und Herr Froschauer, dann die dazu benannten Testes oder Skrutatoren (der Dechant von Thalheim und P. Subprior) nahmen an einer dazu bereiteten Tafel Platz; die vier Laienbrüder wurden entlassen. Die Konventualen legten die mitgebrachten Zettel nach einander in das große Ziborium auf dem Tisch, die Voten wurden versiegelt, die Laici vorgerufen und die Konventualen mussten bis zur Tafel, wo der Bischof saß, vorrücken. Der Bischof hielt eine kurze, aber recht schöne Anrede über die „so einhellige Wahl" und nannte den erwählten P. Prior. Gewählt erschien mit 62 von 68 Stimmen der bisherige Prior Wolfgang Leuthner. Man zog wieder in die Kirche, wo der P. Prior das Te Deum anstimmte, welches wechselweise „choral und figural" abgesungen wurde; dann ließ der Bischof den Prior auf dem hiezu bereiteten Sessel Platz nehmen und die Konventualen mussten mit der Darreichung der Hand das Homagium leisten. Hierauf ging der Bischof vom Thron zum

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