Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

410 fürwitzigen Konventualen" und den weltlichen Beamten empfangen. Die Äbte Eren- bert und Jakob machten ihm Visite, vor denen er beim Speisen immer den ersten Platz einnahm. Am 27. Mai um 9 Uhr vormittags wurde das gesamte geistliche und weltliche Stiftspersonal in den Sommerspeisesaal zusammenberufen. Eybel führte den Kommendatarabt ein und hielt aus vollem Hals seine Rede. Nach Eybels „geen- detem Geschrei" huldigte dem neuen Abt (nur) das weltliche Stiftspersonal mit dem Handkuß. Mit einer Tafelmusik beimMittagessen endete sich die ganze Feierlichkeit. Dieser eingedrungene Herr Kommendatarabt zeigte gar bald, dass er nicht gewohnt war sich viel mit der Arbeit abzugeben; er reiste monatlich nach Linz, machte viele Lustreisen auf die Stiftspfarrhöfe, auf die Stifts- und fremden Herrschaften. Zu Hause war sein Zeitvertreib ein Spiel, eine Jagd und, da er ein fürtrefflicher Tonkünstler war, die Musik. Da er sich in Linz als ein guter Gesellschafter bald bekannt machte und auch die Herrschaften auf dem Land öfters besuchte, so bekam er auch eine Menge Gegenvisiten und die Gäste im Stift sind niemals häufiger gewesen als während sei- nes Daseins. Im Juni bereiste er die Stifte Garsten und Gleink, im Juli unternahm er mit dem P. Rentmeister die lange Reise nach Wien und nach dem Stift Klein-Maria- zell, wo er sich vom weltlichen Personal huldigen ließ. Er verweilte länger in Baden und besah auf der Rückreise die Stiftshäuser und Weingärten in Gumpoldskirchen, Nußdorf und Klosterneuburg. Er vergaß nicht in Wien seine vielen Freunde und Be- kannten zu besuchen. Alles auf Stiftskosten (Stiftschronik). Der Geschichtsschreiber des Stiftes Kremsmünster P. Ulrich Hartenschneider stellt dem Kommendatarabt ein schönes Zeugnis aus, indem er ihm nachrühmt, dass er die Liebe der Konventualen durch sein freundliches Wesen sich zu erwerben ver- standen habe. Unter dem Kommendatarabt erfolgten die Ratifikationen der Kaufkontrakte. Selbst der wiederholt abgewiesene Ersteher der Stöcklsölde kam wieder mit der Bitte um Einantwortung hervor. Unter dem 2. September 1789 wurde dem Herrn Abt das Wohlgefallen der Lan- desstelle bezeugt, dass er sich so angelegen sein lasse die in Kremsmünster befindli- chen Gebäude, von deren Erhaltungskosten und Feuersgefahr entübrigt zu sein schon für das Stift ein überwiegender Vorteil sei, nützlich hintanzugeben, bei wel- chem Eifer man enthoben sei dem Herrn Kommendatarabt in Ansehung des Fabriks- gebäudes und des aufgehobenen Brauhauses Maßregeln zu geben. Unter dem 19. Dezember 1789 meldete der Kommendatarabt, dass sich ein Käufer um den Meierhof beim alten Schloss Pernstein gemeldet habe. Der Meierhof wurde bei der Lizitation am 29. Jänner 1790 jedoch nicht angebracht; er war geschätzt ans 50 fl., schließlich wurde er um 40 fl. weggegeben (bewilligt 30. März 1790). Auch hatte sich Herr Ignaz Matt, k. k. niederösterreichischer Regierungsrat, ge meldet als Erbpächter von Klein-Mariazell. Der Abbé findet es für zuträglich und wün- schenswert, dass Kremsmünster von der Administration über dieses Stift enthoben werde; demnach rät die Regierung darauf ein. Linz 31. Dezember 1789. Es kam noch nicht dazu. Mit Hofdekret vom 11. Juni 1791 wurde das Vermögen des aufgehobenen Stiftes

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