Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
407 95. Der Sturz des Prälaten von Kremsmünster. Immer mehr und mehr drängte sich der abflauende Klostersturm zusammen zu einem letzten vernichtenden Anprall gegen den Prälaten von Kremsmünster, das starre Hauptbollwerk gegen den Josefinismus. Ein benachbarter Herrschaftsbeamter hatte angezeigt, dass der Pfarrer von Adl- wang noch immer einen Opferstock in der Kirche habe. Der Abt musste es büßen mit einer Strafe von 100 Dukaten (Wien 6. Dezember 1788). Nichtsdestoweniger „kam bald darauf doch wieder auf der Kanzel der Stiftskirche ein anderer Kremsmünsterer Geistlicher zum Vorschein, der einen Totenkopf her- vornahm und denselben gegen die Zuhörer predigen hieß!" Der oben erwähnte Herrschaftsbeamte hatte auch denunziert, dass noch immer die den Untertanen zu leistenden Vergütungen ausständig seien und die Taxordnun- gen überschritten werden. Der Prozess über die Untertanenbeschwerden dauerte seit Jahren fort. Unter dem 15. Juli 1788 hatte die Regierung Bericht erstattet, über welchen die Hofkanzlei den Vortrag vom 19. Jänner 1789 verfasste. Sie findet dem Abt zum Teil die Schuld daran beizumessen, dass die mannigfachen Ungebühren und Unordnungen in der Amtierung so lange unbehoben blieben, die Untertanen mit unbefugten Aufrech- nungen beschwert, rechtmäßige Vergütungen ihnen vorenthalten wurden. Aller- dings anerkannte die Hofkanzlei, dass die Unordnungen schon lange bestanden, ehe der dermalige Abt zur Würde des Stiftsvorstehers erhoben worden war, und dass der Abt auch gleich nach seinem Amtsantritt Bedacht genommen habe einige Gebrechen zu verbessern. Dann aber habe er es an der nötigen Oberaufsicht fehlen lassen, so dass der Hofrichter sich so Schweres habe zuschulden kommen lassen können. Der Kaiser resolvierte darüber unter dem 2. März 1789: „Dem Prälaten ist wegen seiner Sorglosigkeit über die Handlungen seiner Beamten in Meinem Namen durch die Regierung nicht nur ein scharfer Verweis zu geben, sondern auch der Prälat sei- nes Amtes zu entsetzen und der dermalige Kommendatarabt zu Lilienfeld als Kom- mendatarabt in Kremsmünster sogleich anzustellen, das Kloster Lilienfeld aber gänz- lich aufzuheben." Das Hofkanzleidekret hierüber erschien unter dem 14. März 1789. Der ernannte Kommendatarabt war Maximilian Stadler, ein Benediktiner aus dem Stift Melk. Mit Resolution vom 26. März 1789 wurde das Stift Kremsmünster verurteilt zur Rückzahlung von mehr als 46.000 fl. an die Untertanen. Rottenhahn bat unter dem 19. März 1789 für den Exabt um Anweisung einer höheren Pension; notwendig sei die Absetzung gewesen, aber einen Mann von sol- chem Ansehen und so hohem Alter aus den dürftigen Versorgungsbetrag eines ge- meinen Priesters herabzusetzen scheine der Gesinnung Sr. Majestät umso minder zu entsprechen, als man den Prälaten eines wirklichen Verbrechens eigentlich nicht be- schuldigen könne. Es solle ihm, wenn auch nicht seine bisherige Besoldung als Admi- nistrator, so doch ein angemessener Versorgungsgehalt bestimmt und die Erlaubnis gegeben werden den Gnadengehalt an einem beliebigen Ort oder auf einer
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