Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

404 1789. 94. Gall. Bischof von Linz. Am 25. Dezember 1788 wurde Gall präkonisiert, am 8. Februar 1789 konse- kriert, am 25. Februar kam er nach Linz, am 1. März wurde er inthronisiert. Das vom Konsistorium unter dem 9. März 1789 der Landesstelle zur Approba- tion vorgelegte Pastoralschreiben an den Klerus, mit welchem Bischof Gall diesem die Übernahme der Diözese ankündete, fand den vollen Beifall der Regierung, be- sonders aber die Übersetzung der päpstlichen Bulle an das Volk; der im kurialisti- schen Stil gehaltene Passus „administrationem Ecclesiae Linciensis ei in spirituali- bus et temporalibus plenissime committendo“ lautete in der Übersetzung: „die Sorge, Regierung und Verwaltung der besagten Linzer Kirche vollkommen übertra- gen", ohne die Temporalien (die nur der Landesfürst den Bischöfen geben und übergeben könne) unter die vom Papst an ihn übertragenen Gewalten zu nehmen. Gall war ein hochbegabter, von Liebe zur Religion glühender und für gründliche religiöse Bildung des Volkes begeisterter Mann, der Gründer des Linzer Priesterse- minars. Offen bekennt er seine Unzufriedenheit mit manchen Josefinischen Neue- rungen, die dem Fühlen und Denken des Volkes nicht angepasst waren, es vielfach verletzten und erregten; doch ist er ganz erfüllt vom Geist und Eifer für Religions- aufklärung und das Hindernis der Aufklärung findet er hauptsächlich in den Klös- tern, in den Mönchen. Er war mit seinem Klerus und dessen Arbeit sehr zufrieden und nur wenige machten eine Ausnahme, denen es „an gutem Willen, Fleiß, Gehorsam, Uneigen- nützigkeit oder an dem Vertrauen (des Volkes), der Geschicklichkeit und Klugheit fehlte ..." Er gibt insbesondere den jungen Geistlichen, die das Generalseminarium der Linzer Diözese geliefert hat, das beste Zeugnis. „Aber es gibt noch ... viele Alte und fremde Weltpriester, die das Glück nicht hatten an jener Studienverbesserung teilzunehmen, auch eine große Zahl zur Seel- sorge ausgesetzter Bettel- und anderer Mönche, die ganz entgegengesetzte Grundsätze haben. Diese ... streben eigensinnig jeder guten Anordnung entgegen. Sie haben sich bei ihrer Klostererziehung an andere Vorschriften und Übungen, eine andere Denkensart, anderen Gehorsam, andere Autorität, andere Muster ge- wöhnet; die Aufsätze ihrer Stifts- und Ordensväter mussten ihnen für Schrift- und Kirchenentscheidungen gelten und sie nannten es ein ehrenvolles Privilegium, nicht unter dem Bischof zu stehen. Von solchen kann sich der Bischof auch keine Bereitwilligkeit versprechen." „Wenn also, wie ich der Meinung bin, ferner einige Stifte oder Klöster beste- hen und der Bischof einen Teil seiner Gehilfen zur Seelsorge daraus ziehen solle, so müssten sie eine andere Verfassung erhalten — ihre Kandidaten müssten mit den bischöflichen Zöglingen zu gleicher Absicht erzogen, nach gleichen Studien ge- bildet und geübet und an gleichen Gehorsam gewöhnet werden. Sie wie vorher in ihrem Kloster oder Stift studieren zu lassen wäre weder klug noch ratsam"; es

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