Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

15 anderen Beschäftigungen, welche, obwohl zum Unterhalt unentbehrlich, doch die Seel- sorge beeinträchtigten; da müsse im großen geholfen werden. „Was helfen die hie und da getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Geistlichkeit durch Unsere armselige Religionskommission? Was liegt an einem Feiertag mehr oder weniger oder an etlichen Klosterfrauen? Der wahre Grund, nämlich die innerliche Gebahrung und Verfassung muss geändert werden," Und als einziges Mittel bezeichnet Josef die Vereinigung aller geistlichen Einkünfte, sie mögen aus unbeweglichen oder beweglichen Gütern herrüh- ren, in einen allgemeinen Fond, aus welchem der Einzelne seinen Lebensunterhalt be- ziehen sollte. Sein Programm stand also fertig da. Noch eines hatte diese Reise in Josef hervorbrechen gemacht; Maria Theresia schrieb an ihren Gesandten Mercy in Paris: „Der Kaiser, der das Streben nach Populari- tät allzu weit getrieben, hat, ohne zwar diesen Leuten auf seinen verschiedenen Reisen Versprechungen zu machen, doch allzu viel über ihre Freiheit in Religionssachen sowohl als ihren Grundherrn gegenüber gesagt; man sieht jetzt die Folgen — nicht in Böhmen allein ist jetzt der Bauer zu fürchten, sondern auch in Mähren, Steiermark und Öster- reich . . . Allein die Regierungslast tragend wird der Kaiser auch die Schwierigkeiten er- sehen und sich nicht mehr hinter mir zu verstecken vermögen. Er besitzt zu viel Geist und auch seine Urteilskraft ist noch nicht so sehr geschwächt, dass er auf lange die Wahrheit nicht erkennen sollte. Sein Herz ist noch nicht ganz verdorben, obwohl in Be- ziehung auf diesen letzten Punkt Zeit ist zu einem Heilmittel zu greifen." An anderer Stelle nennt Maria Theresia ihren kaiserlichen Sohn eine Kokette des Geistes. Seine Persönlichkeit galt ihm alles; Kaiser und Mitregent zu sein war ihm nichts. Doch nun, da in die Klostergesetzgebung eingegangen werden soll, wird es ange- zeigt sein, Übersicht zu geben über die im Land ob der Enns zu damaliger Zeit bestan- denen Klöster. 4. Stifte und Klöster im Land ob der Enns. I. Männerklöster. A. Benediktinerstifte. 1. Das hervorragendste Stift im Land war Kremsmünster, gegründet im Jahr 777 von dem Bayernherzog Thassilo II. und besiedelt von Benediktinern aus Niederaltaich über Berufung seitens des hl. Virgil, Bischofs von Salzburg, sehr begünstigt von Karl dem Gro- ßen und den nachfolgenden karolingischen Kaisern. Der Abt war Primas im obderennsischen Prälatenstand. Der Stolz des Stiftes waren seine Schulen. Da gegen sie der Josefinische Kloster- sturm die heftigsten Angriffe machte, wird später von den Kremsmünsterer Bildungs- anstalten eingehender berichtet werden. Hier sei nur erwähnt, dass sie zum größten Ruhm gereichen dem Abt Alexander III., der auch für das Religionswesen in der antipro- testantischen Bewegung außerordentlich tätig war. Er starb 1759. Nach dem Tod seines Nachfolgers Berthold III. Vogl (1771) betrug das Stiftsvermö- gen 1,505.382 fl., dazu Realitäten im Gesamtwert von 1,505.753 fl. 35 kr.; die Passiven 990.310 fl.

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