Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

14 Josef fühlte die Mitregentschaft als eine Pein; der Widerspruch zwischen ihm und der von ihm innigst geliebten und um ihn schmerzlich besorgten Mutter ward ihm die größte Qual. Josef wollte von der Mitregentschaft überhaupt bald nichts mehr wissen und bat um Enthebung von dieser. Maria Theresia ihrerseits trug sich mit dem Gedan- ken der vollständigen Abdankung. Josef II. ging auf Reisen; von den Auslandsreisen wird hier nicht die Rede sein. Aber nicht unerwähnt kann bleiben seine Reise in die Lombardei 1769; hier sah er bereits den Josefinismus groß geworden; was hier schon geschehen, sollte das Vorbild werden zu den Maßnahmen in den Erblanden. Und ein anderes Vorbild gab das benachbarte, aber nicht befreundete Bayern. Die Klostermaßregeln sollten dazumal schon beginnen. In einem Handbillett dd. 21. Dezember 1769 schreibt Maria Theresia an den Grafen Chotek: „Ich teile ihm zu seiner Einsicht und Gebrauch dasjenige Edikt samt einigen An- merkungen des Pergen in dem Anschluss mit, so in dem Mailändischen betreffs der Geistlichkeit erlassen worden. Für meine Erblande scheint es nur auf nachfolgende sechs Gegenstände anzukommen: 1. wie die übermäßige Zahl der Ordensleute zu ver- mindern und ob nicht diesfalls ein annus decretorius zu bestimmen wäre, 2. ob nicht zu verbieten, dass künftighin die Ordensprofessionen nicht früher als nach vollbrachtem 21. Jahr des Alters abgelegt werden sollen, 3. wäre festzusetzen, was für ein Vermögen in ein Kloster einzubringen, 4. was wegen der Erbschaften der Ordensleute zu statuie- ren, 5. wie es mit den Kerkern der Religiösen künftig zu halten, 6. was für eine Anord- nung wegen der Sammlung der Mendikanten zu treffen wäre. Sollte die Kanzlei noch mehr Gegenstände finden, so könnten auch diese in dem abgeforderten Gutachten be- rührt und angedeutet werden." Das mitgeteilte Edikt ist die in italienischer Sprache dd. Mailand 5. September 1767 herausgegebene Pragmatika für das Mailändische von Francesco Herzog von Modena, Gouverneur und Generalhauptmann der österreichi- schen Lombardei, Verwalter während der Minderjährigkeit des Erzherzogs Ferdinand, geborenen Fürsten von Ungarn und Böhmen etc. Josef gab mit Handbillett an Graf Rudolf Chotek „eine neue in Bayern wegen der Klostergeistlichkeit herausgekommene merkwürdige Verordnung zu dem Ende, damit die Kanzlei bei der ehebaldigst erwarteten Erstattung des mehrmals abgeforderten Hauptvortrages über die Einschränkung der Klostergeistlichkeit auf deren Inhalt ihren Bedacht unter eins nehmen möge". Es sind zwei Erlässe von Maximilian Josef dd. Mün- chen, 13. Oktober 1764 und 2. November 1769. Unter dem 3. August 1770 übermachte Maria Theresia an den Grafen Kolowrat zwei kurbayrische Verordnungen vom 30. Dezember 1769 und 8. Juni 1770 betreffend die Beschränkung der Verbindung mit auswärtigen Ordens-Generalen und Provinzialen und die Aufhebung des Bettels der Franziskaner und Kapuziner, bei Belastung der Sammlung nur noch für die Barmherzigen Brüder. Von nicht minderer Bedeutung für Josef war die Reise nach Böhmen, Mähren und Schlesien im Jahr 1771. Diese Länder hatten unter den Kriegsnöten furchtbar gelitten. In dem Bericht an seine Mutter bezeichnet Josef als den Grund des allgemeinen Elendes Unwissenheit und Aberglauben; die wirksamsten Mittel dagegen sieht er in besserer Ausbildung der Priester, Entledigung derselben von einer Menge Haussorgen und

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