Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm
13 Durch Reskript vom 23. März 1754 wurde die Verfassung teilweise wieder herge- stellt; die Landeshauptmannschaft trat wieder in Wirksamkeit, an sie gediehen auch die Landrechte. Graf Andlern wurde Landeshauptmann. Die Repräsentation und Kammer aber blieb dabei noch fortbestehen; erst mit ihrer Aufhebung 22. Juni 1765 traten wie- der die Stände in ihre Amtsbefugnisse, wenigstens zum größten Teil. An Stelle des stän- dischen „Rait-Kollegiums" wurde eine „Buchhalterei" eingesetzt. Das Verordneten-Kol- legium wurde beibehalten. Josef II. hob die Landeshauptmannschaft auf 21. Juli 1783. Abermals wurden Ver- waltung und Justiz voneinander getrennt, letztere den Landrechten zugewiesen, erstere der „obderennsischen Regierung" mit Vereinigung der ständischen Geschäfte. An ihrer Spitze stand der „Präsident"; der erste war Christoph Graf von Thürheim. Die Geschäfte und Angelegenheiten, die das Kollegium der ständischen Verordne- ten besorgt hatte, wurden fortan bei der Regierung verhandelt, den Sitzungen halten zwei ständische Deputierte „kaiserliche Räte" anzuwohnen, sie hatten Referate und Stimmrecht. Der ständische Syndikus wurde k. k. Sekretär. In die Stände traten unter Josef auch ein der Bischof, der Generalvikar und die drei Dignitäre des Kapitels. Damit, dass die Prälaten „Stände" waren, musste auch der Fürstbischof in Passau rechnen; die politische Bedeutung dieser landesgewaltigen Infulträger mit ihrem zahl- reichen Seelsorgsklerus war in gewissem Betracht ein Gegengewicht an der Autoritäts- gewalt des „ausländischen" Fürstbischofs. 4 II. Der Josefinismus in der Mitregentschaft. 3. Entfremdungen. Unter dem 23. September 1765 erfolgte die Mitteilung von der Einsetzung der Mit- regentschaft an den Landeshauptmann, Landanwalt und Rat der Hauptmannschaft im Herzogtum Österreich ob der Enns. Die Kaiserin hebt darin hervor, dass ihres Sohnes „ausnehmend große gegen Uns und Unsere gesamten Erbkönigreiche und Länder als Deren künftiges Erbe tragende Liebe und übrige denen väterlichen ähnliche preiswür- dige Eigenschaften dieses Unser Vertrauen rechtfertigen"; „denen Ordinariis ist Erinne- rung zu machen, daß selbe in sacrae missae canone alleinig Unsere Höchsten Namen „Mariae Theresiae Imperatricis et Reginae nostrae“ rezitieren, in denen Kollekten und übrigen sonst gewöhnlichen Gebeten aber fürderhin ,Josephus Imperator et Corregens et Maria Theresia Imperatrix et Regina nostra‘ einschließen lassen." 4 Ein bezeichnendes Vorkommnis: DieÄbte Starb vonSchlägl undMaurus vonGarstenwurden 1764 nach Passau zur Assistenz bei der Fronleichnamsfeier berufen. Die Assistenz scheint eine gewöhnliche Ver- bindlichkeit aller neugewählten Prälaten gewesen zu sein. Entgegen dem bisherigen Gebrauch bestan- den die Passauer Domherren darauf, dass die beiden obderennsischen Prälaten im Zug vor ihnen gehen mussten, während sie in früheren Jahren dem Domkapitel nachfolgten zur Seite des Fürstbischofs. Die Prälaten legten nicht nur nachträglich Protest ein, sondernmachten auch demPrälatenstand von diesem Vorfall Anzeige.
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