Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

380 so einleiten könne, wie er es für gut finde. Der Kaiser ersah dies aus dem Sitzungs- protokoll und ließ dd. Wien 16. Juni per s. c. r. m. der Landesstelle mit schärfstem Verweis die Aufklärung geben: „Regierung ist nicht wohl daran, dass sie glaubt, dass ihr die Oberaufsicht auf die Gebarung der bestehenden Stifte mit dem Vermögen entzogen sei. Nach wie vor darf mit dem Stammvermögen keine Änderung ohne Vor- wissen und Einwilligung der Landesstelle geschehen. Nur darf die Regierung nicht jeden Wirtschaftsgegenstand der Stifte leiten und darüber von diesen vorherge- hende Anfrage abfordern, wie sie Regierung der vorjährigen Verordnung, womit man Praeliminaria abgefordert hat, die irrige Deutung gegeben: die aufgekündigten Pos- ten müssen vom Prälaten der Regierung angezeigt, ihre Liquidität geprüft und die Zahlungsmittel vom Stiftsvorsteher namhaft gemacht, endlich die Tilgung ausgewie- sen werden. Die Regierung wird derlei ungleiche Ausdeutungen den erlassenen Ver- ordnungen von selbst nicht mehr geben." Die Regierung urgierte mit Dekret vom 4. Mai alle Stifte binnen 14 Tagen Praeli- minaria zur Bestimmung des Überschusses einzusenden und die Erklärung beizuset- zen, wie viel das Stift an Überschussgeldern abzuführen gedenke. Selbstverständlich erheischte sofort Lösung die Frage, wie es mit der zu Krems- münster nach Erscheinen der kaiserlichen Verordnung vom 5. April 1788 geschehe- nen Versteigerung zu halten sei. Während anfänglich der Referent zu Obermayrs An- frage (S. 377) sich, gar noch dahin vernehmen ließ, dass die fides publica durch Wi- derrufung der bereits angekündigten Lizitation nicht zum größten Nachteil des Fonds leiden dürfe, formierte sich alsbald die Frage bloß dahin, ob die bereits geschehenen Veräußerungen ratifiziert werden sollten. Eybel sieht wohl voraus, dass der Abt über die Lizitationen vielleicht wieder einen Hofrekurs machen wird, und dass dann auch die Offiziale, die jetzt dem abgeordne- ten Lizitationskommissär geäußert haben, dass die meist baufälligen und entbehrli- chen Gebäude dem Stift nur Schaden gebracht hätten, ihr Wort wieder ableugnen werden. Das Stift richtet sich immer das praesens und futurum nach Willkür ein und macht mit außerordentlicher Dreistigkeit und Zuversicht gegen die Landesstelle Front. Dabei hat der Abt noch eine mönchhafte Feinheit; bei aller Stolzierung auf die Wirtschaftsfreiheit hat er seit dem 5. April Wirtschaftsanfragen gemacht, die doch nicht mehr in die Agenden der Regierung gehören; er will der Regierung die Schelle umhängen, allein die Landesstelle wird der Hofstelle noch diese mönchischen Intri- ken aufdecken und vielleicht auch dem zweiten Koloss des österreichischen Mönch- tums, Kremsmünster, (denn der erste Koloss, Passau, ist Gottlob schon gestürzt) we- nigstens in Rücksicht auf seinen Wirksamkeitskreis ein Ende machen. Ja, Eybel sieht sogar schon jenem Zeitpunkt getrost entgegen, in welchem er vielleicht nicht mehr leben wird, nämlich dem Zeitpunkt, in welchem die obderennsische Geschichte der angehenden Nation interessant sein wird, nicht so viel in Rücksicht auf das, was ge- schehen ist, als auf das, was gegen jeden Borschritt der guten Sache von Mönchen vorgenommen worden, und wie sie sich gewunden haben, da sie sich in eine Epoche gebracht sahen, in welcher sogar der sonst in ihrer Macht gestandene gemeinste

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