Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

371 Der Prälat von Kremsmünster hat gleich nach der Inventur freiwillig an Silber und Preziosen einen Wert von nur 19.000 fl. eingeschickt; nun aber betragen Gold, Silber und Preziosen bei diesem Stift 65.000 fl. Wert und der Prälat sagte, er habe alles ein- geschickt, was zum Stift gehöre. Da ist es freilich leicht sich mit einer Mentalreserva- tion, zu retten und zu sagen, das gehört nicht dem Stift, so wie einst die Kapuziner behaupteten, dass die Speisen, die sie essen, nicht ihnen, sondern dem hl. Vater eigen sind. Im Weiteren geht Rottenhahn auf einzelne Punkte näher ein; bezüglich der Apo- theke wird über den fraglichen Schätzungswert gar nicht gesprochen, es heißt nur: Das Einraten des Protomedikus und der Buchhaltern zeigt, dass die so unwirtschaftlich ge- wesene Apotheke so und nicht anders dem Stift und dem Publikum hat Nutzen brin- gen können. Der Kredit stützt sich nur noch auf das Dunkel, in welches die Vermögens- umstände des Stiftes gehüllt wurden; gelitten hat er allerdings durch den Güterabfall und durch die Einführung der Administration; aber hätte der verderbliche Kredit nur noch einige Zeit gedauert, so wäre das schon auf Stützen gehende Gebäude vollends zusammengefallen. Die Schulden sind auf 998.045 fl. gestiegen, davon können gezahlt werden durch Veräußerung von Silber 65.941 fl., von Wein 55.187 fl., von Körnern 24.687 fl. Zum Schluss werden noch sämtliche Sünden des Abts im offenen Schuldbekennt- nis von Rottenhahn angeklagt: Eigensinn, Unbeugsamkeit, Unbescheidenheit, Unord- nung, Geschäftsunkenntnis, die Graserischen gravamina, die falsche Fassion. Hatte Rottenhahn persönlich seine Verfügungen zu rechtfertigen gesucht, so hatte die Regierung ihrerseits sich zu verteidigen, resp. sich anzufragen über die unter dem 21. März 1787 bezüglich der Silberlieferung von Mondsee und Schlägl vom Kaiser ge- machten Ausstellungen: Man ist bei diesen zwei und allen inventierten Stiften in Rück- sicht auf die Kirchengerätschaften und Preziosen vorgegangen wie bei den vorhin in- ventierten Stiften und Klöstern. Auch bei dem zum Religionsfond eingezogenen Stift Baumgartenberg sind die überflüssigen Kirchenparamente in den Religionsfond ge- nommen worden. Die Kirchenausgaben aber sind bedeckt durch das Baumgarten- berg'sche Präliminarsystem, wie dies bei sehr vielen Religionsfondskirchen geschieht. Religionsfond und Stift haben als Vogteien, sowie sie die Lasten tragen, auch in be- drängten Umständen den Anspruch auf den Überfluss ihrer Kirchen nach dem für den Patron geltenden Rechtsgrundsatz: alatur egenus. Übrigens wird man den neuen Vor- schriften nachkommen, bittet aber um Belehrung: 1. ob für die Kirchen der aufgeho- benen Klöster und Stifte Baumgartenberg, Gleink, Suben, Windhag dasjenige, was für die überflüssigen Gerätschaften und Paramente zum Religionsfond eingebracht wor- den, exszindiert und zur Dotation der Kirche angelegt werden solle; 2. ob in Hinkunft, wie man ex identitatis ratione vermutet, aus dem Stiftsvermögen nichts mehr zu den Kirchenausgaben verrechnet werden dürfe, soweit die eigenen Kirchenmittel hinrei- chend seien; „wenn den Kirchen gleichgiltig ist, welche sichere Obligationen sie in den Zechschreinen haben, die Stifte aber durch Privataufkündigungen so sehr ins Ge- dränge kommen, so frägt man gehorsamst an, ob das Stift nicht mit dem aus dem Ver- kauf der Kirchengerätschaften gelösten Geld die aufgekündigten Schulden zahlen und

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2