Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

11 Mit dem Einfall Friedrichs II. in Sachsen am 29. August 1756 begann der siebenjäh- rige Krieg, der nicht nur die Tätigkeit der Behörden für sich vollauf in Anspruch nahm, sondern auch eine neue Religionsgefahr ins Land brachte: die Agitation von Seiten An- dersgläubiger aus dem Militärstand. Beklagt wurde ein sächsischer Pastor, der zur Be- sorgung der sächsischen Truppen in Linz hinterlassen worden war. Bedenklich schienen etliche hundert sächsische Offiziere, die bei ihrem zum Teil sehr schmalen Traktament die Kost bei geringen Bürgersleuten in Linz und bei Inwohnern in Urfahr zu suchen be- müßigt waren . 1 Ein Lichtpunkt in diesen misslichen Verhältnissen war die zu Enns erfolgte Gründung eines Priesterhauses: Dechant und Stadtpfarrer Graf Engl hatte 1762 aus eigenen Mit- teln das an den Dechanthof zu Enns stoßende Haus gekauft und nahm in dasselbe junge Priester oder Diakone auf, die in praktischer Seelsorge in der Pfarre Enns sich betätigen mussten und zugleich ihre Studien vollendeten unter der Leitung von Professoren, die gleichfalls in der Seelsorge mithalfen. Der Gegenstand dieses Buches zwingt, hier die Priesterhausgeschichte abzubre- chen; denn nunmehr tritt diese aus dem Kreis der Regularen hinaus. Doch wo blieb das Kapital von 40.000 fl., das die Stiftsprälaten gespendet hatten? Es war bei der Regierung hinterlegt. Mit Verfügung der Kaiserin dd. 25. Juni 1764 wurden die daraus verfallenen Interessen per 16.000 fl. erfolgt zu der von dem Passauer Fürstbischof vorhabenden Errichtung eines Priesterhauses zu Gutenbrunn in Unterösterreich. 2 Das Passauer Ordinariat nahm es ernst mit der theologischen Bildung der Seelsor- ger. Der Fürstbischof Josef Maria Graf von Thun berief bei der Visitation die Pfarrer der „Umgebung" zusammen; „öffentlich mussten sie vor ihm Proben ihrer Geschicklichkeit in Predigt und Katechese ablegen, wie auch einer geheimen Pastoralprüfung sich unter- ziehen. Und da man diesfalls auch bei alten Herren keine Ausnahme machte, so war es sich gar nicht zu verwundern, dass mancher derselben nach dem neuen Geschmack minder gefällig befunden wurde und deswegen auch seiner Pfarr Urlaub geben musste." So erzählt der Garstner Mönch P. Ernest Koch in seinen „biographischen Denkmalen" 3 über das Geschick und Missgeschick seiner Mitbrüder. Er fügt hinzu: „Es traf eine solche Strenge aber nicht nur die Religiösen, sondern selbst manche Herren Petriner." Eine kurze Darstellung der politischen Verfassung des Landes ob der Enns unter Ma- ria Theresia und Josef II. dürfte angezeigt sein. 1 Als nach der Schlacht bei Torgau 1760 die preußischen Kriegsgefangenen nachWels interniert wurden, erhob dagegen das Ordinariat Vorstellung aus demGrund der Gefahr religiöser Ansteckung. Die Vorstel- lung blieb unberücksichtigt. 1500 Preußen wurden in das Schloss Polheim, in den Pfaffenwinkel und in den Stadtquartierhof gelegt. Im Jahr 1762 unternahmen sie den Versuch sich zu befreien, anzuzünden, sich zu bewaffnen und durchzuschlagen. Der Putsch wurde vereitelt. Um den gefangenen Preußen kei- nen Anlass zum Spott zu geben, stellte der Magistrat die bis dahin üblich gewesenen Passionsspiele am Karfreitag ab. 2 DerWienerWeihbischof Franz Marxer hatte die Herrschaft Gutenbrunn 1754 um67.000 fl. erkauft, auf dem Heiligenkreuzberg an Stelle einer Marienkapelle eine große Marienwallfahrtskirche erbaut (konse- kriert 1758) und neben dem Schloss ein dreistöckiges Gebäude für ein Alumnat aufgeführt. Diesem schenkte er dann Gutenbrunn und Raidling. 3 Handschrift tut Stift Seitenstetten.

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