Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

352 84. Die Jüdin Schendel Dobruska und ihr Sohn Thomas. Das ausschließliche Recht auf alle den Kirchen und Klöstern weggenomme- nen und wegzunehmenden Preziosen und Effekten erwarb die Dobruska-Kom- pagnie. Aus dieser Initiale des Jahres 1788, der Schlussvignette der höchsten Klos- terstürmerei, treten die markantesten Züge der Josefinischen Aufklärerei her- vor. Was wollte der Kaiser? gewiss nur den Vorteil der Kirchen, „reinen Gottes- dienst", vielleicht auch: dem Volk Mut machen zu „echten Begriffen", zu nüch- ternem, kaltem, berechnendem, nur in das „Wesentliche der Religion" sich ver- senkendem Denken, dessen er sich erfreuen mochte? gewiss hat er erreicht, was zu wollen seinem frommen Sinn am fernsten lag: tiefe Verletzung des religiösen Gefühls. Diese Verordnung war das Äußerste, ein Blitz und Donnerschlag! von da ab: ein Vergrollen, ein Verblassen — sichtbar schreibt eine Hand nach rückwärts, die weiteren Verordnungen ziehen zurück immer mehr und mehr — es war gezählt, gewogen — übergenug! Wien 12. Jänner 1788: Se. Majestät haben zu befehlen geruht, dass die unter den Kirchengerätschaften vorhandenen Edelsteine und Perlen der Jüdin Schen- del Dobruska und ihrem ältesten Sohn Thomas zusammen, welche in diesem Ge- schäft für eine Person zu betrachten seien, um den Schätzungspreis mit einer Aufgabe zu 10 von 100 gegen Barbezahlung und Erlaubnis dieselben mautfrei außer Land führen zu dürfen solchergestalt überlassen werden sollen, dass also- gleich durch Kunstverständige eine billige und unparteiische Schätzung dieser Preziosen zu veranlassen und, sowie die Dobruska oder ihr Sohn eine Partie empfängt, von ihr die Barbezahlung mit der Aufgabe von 10% zu leisten sei; bei unrichtiger Schätzung zum Nachteil des Religionsfonds würde man sich an die Schätzmeister halten. Würden die Schätzmeister zu hoch schätzen, müssten sie die zu hoch geschätzte Ware selbst nehmen. Wien 19. Februar 1788: In dem an Se. Majestät bezeichneten Gesuch hatten Katharina Dobruska und ihr Sohn Franz Thomas Schönfeld gebeten mit ihnen über die Abnahme der Kirchenpreziosen einen Vertrag anzustoßen. Auf den Hierwegen erstatteten Vortrag hat Se. Majestät zu entschließen geruht: Mit der Dobruskaischen Familie ist ein Kontrakt sogleich zu errichten. Zu diesem Kon- trakt haben die Hauptbedingungen folgende zu sein: 1. Alle Preziosen-Gerät- schaften ohne Ausnahme von was immer für Namen, so nicht allein in Ge- schmuck, sondern in allen denjenigen Gerätschaften bestehen, welche nicht als lediges Gold und Silber in das Münzamt gegeben werden oder zur Verteilung an die neuen Pfarreien und Lokalkaplaneien bestimmt und an die Bischöfe vor- schriftsmäßig verteilt sind oder gleich verteilt werden, sollen der Dobruska-Kom- pagnie überliefert werden. Darunter sollen 2. auch alle Preziosen und Gerät- schaften des ganzen geistlichen Fonds verstanden sein; also auch alle, welche

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