Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

10 den armen adeligen Familien reichlich Hilfe leiste. Nächstens würde man übrigens auch mit dem von Passau bevollmächtigten Konsistorialrat Gruber die Sache in Behandlung nehmen, um den Kardinal zu einem ergiebigen subsidio zu veranlassen. Die Kaiserin richtete an den Prälaten von Kremsmünster ein sehr bewegliches Schreiben dd. 27. April 1754 über die schönen Hoffnungen, zu denen seine Tugend die Kaiserin berechtige, und beauftragte ihn als ersten und vornehmsten Prälaten im Land, die Sache so einzuleiten, dass dem Priesterhaus wo nicht von allen, so doch von etwel- chen Stiften eine ergiebige Beihilfe zufließe. Im Mai 1754 offerierte der gesamte Präla- tenstand im Land ob der Enns („die alleruntertänigsten und getreugehorsamsten Kap- läne") ein- für allemal 10.000 fl. Unermüdlich wurde der Kardinal zu Passau gestupst, ihm das schöne Beispiel der ungarischen Bischöfe und des Erzbischofs von Salzburg vorgelobt: die ersteren hatten zu Tyrnau, der letztere zu Graz und Klagenfurt ein Priesterhaus errichtet. Wider Vermu- ten und zur nicht geringen Empfindung der Kaiserin blieb aber eine Zusage von Passau aus. Man kam zur Überzeugung, dass die Bemühungen Maria Theresias, dem Religions- wesen in den Erblanden aufzuhelfen durch Stärkung und Vermehrung der ordentlichen Seelsorge in den Pfarreien, durch außerordentliche Missionierung der von der Irrlehre infizierten Gegenden, besonders aber durch Errichtung eines Priesterhauses, nicht Er- folg haben könnten, wenn nicht der päpstliche Stuhl unmittelbar eingreifen würde. Es wurde im Juni 1755 die Absendung des Grafen Christiani an den päpstlichen Stuhl eingeleitet und eine besondere Instruktion für ihn ausgearbeitet, doch kam dessen Mis- sion nicht zustande. Graf Christiani fürchtete das Misstrauen des römischen Stuhles und meinte, es bleibe nichts übrig, als nach dem Beispiel anderer Kronen das Geschäft durch einen vertrauten, das allergeringste Aufsehen nicht erregenden Geistlichen insgeheim in Rom betreiben zu lassen. Dazu wurde nun der Barnabitenpriester Manzador auser- sehen, der ohnedies nach Rom zu reisen willens war, Februar 1756. Dem P. Manzador war es gelungen, dem Wunsch der Kaiserin entsprechend vom Passauer Kardinal die Abordnung eines directoris missionum für das Land ob der Enns zu erwirken. Als solcher wurde der Jesuit Kramer bestellt. Er schlug seine Residenz in Marchtrenk auf. Ihmwurde ein Jahresgehalt von 500 fl. ausgesetzt, damit er von Passau unabhängig sei. Das Missionswesen hatte kräftigen Aufschwung genommen; die anfangs errichte- ten Missionsstationen stabilisierten sich mehr und mehr als Vikariate; ihre Zahl wurde vergrößert. Daneben hatte die Kaiserin „missiones vagaeu durch Jesuiten im Land hal- ten lassen. Deren häufige Wiederholung schien der Regierung bedenklich und als im Jahr 1756, nachdem drei Jahre hindurch das Land missioniert worden war, die Kaiserin wiederum eine Wandermission anordnete, stellten gerade die geistlichen Assessoren in der Religionskommission vor, dass der Eifer des Volkes sinken und die sonst so nützli- chen geistlichen Übungen an Eindruck und Gewicht verlieren würden. So zufriedenstellend im allgemeinen die Berichte des Missionsdirektors klingen konnten, es fehlte anderseits nicht an Klagen, die wiederum die Landesregierung emp- findlich verstimmten.

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