Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

326 zum Essen geläutet. Die Tafelbeamten sind eigentlich die Oberbeamten, und während diese essen und trinken oder vermög vorgegangenen Essens und Trinkens sich zur Arbeit nicht so- gleich anschicken können, so käuen auch die Subalternen wenigstens ihre Federn, ohne die Hand an die Arbeit zu legen, und hiedurch bleiben Justiz- und ökonomische Gegenstände liegen. Kanzleistunden müssen von 8—12 Uhr und von 3—6 Uhr bestimmt und die Naturalkost in Geld abgelöst werden, der Prälat selbst soll aber auch zur Ordnung in der Kanzlei angehal- ten werden. In die bei der Kommission vorstellig gewordenen Bewohner des Stiftes Kremsmünster reihte sich auch ein Prälat als Beschwerdeführer, der Exabt des in Niederösterreich aufgeho- benen Benediktinerstiftes Klein-Mariazell. Für dieses Stift hatte Abt Alexander Fixlmillner von Kremsmünster über Postulation der Mariazeller Benediktiner einen seiner Kapitulare, Jakob Pach, Beichtvater bei den Nonnen in Niedernburg, zum Abt ernannt; die von der Kaiserin Maria Theresia ihm angetragene Admi- nistration des Stiftes Klein-Mariazell hatte Abt Alexander abgelehnt, mit einem Darlehen musste er auf Befehl der Kaiserin dem herabgekommenen Stift zu Hilfe kommen. Zur Unter- stützung wurden dem neuernannten Abt zwei Kremsmünsterer Konventualen an die Seite gegeben, die öfter gewechselt wurden. Die Disziplin im Stift war eine elende. Den wirtschaftlichen Stand vermochte Abt Jakob glänzend zu heben, die Liebe seiner neuen Mitbrüder und Untergebenen erwarb er sich nicht. Ein Konventuale und der Hofrichter ließen dem Kaiser eine Anzeige wider den Abt zu- kommen über Untertanenbedrückung, Missachtung der Gottesdienstordnung und anderer kaiserlicher Befehle. Der ersten Untersuchungskommission vom 12. Mai 1782 folgte über neuerliche Anzeige eine zweite und am 24. Oktober 1782 der Befehl des Kaisers zur Aufhe- bung des Stiftes. Am 3. November 1782 traf die Aufhebungskommission ein. Das Inventar wies ein Aktiv- vermögen (ohne Preziosen, Silbervorräte, Mobilien und Effekten) aus von 297.581 fl. 28 kr. 1 ₰ W. W.; Passiven: 1440 fl. 47 kr. 2 ₰ an nichtbezahlten Rechnungen und 166 fl. an ausstän- digen Besoldungen. „Sonst sollen nach der unter dem 15. April dieses Jahres eingereichten Vermögensfassion keine Passiven außer jenen an das Stift Kremsmünster vorhanden sein, nämlich einige tausend Gulden, welche vermeltes Stift zu Kremsmünster ihrem letzten Prä- laten Jakob Pach bei seiner Eintretung zuMariazell geliehen hat, wegenwelcher aber... nach Fassion und jetzo mündlicher Aussage des Abtes (Pach) diese zwei Stifter sich schon verglei- chen werden." Das Stift wurde vollständig dem Stift Melk inkorporiert; dahin kamen auch mit Aus- nahme zweier ins spanische Spital nach Wien transportierter geisteskranker Kapitulare die Patres, soweit sie nicht in der Seelsorge verwendet wurden. Melker Priester wurden vo- rübergehend exponiert zur Versetzung der Pfarre und Wirtschaft des aufgehobenen Klos- ters. Die zwei Laienbrüder blieben zunächst in Mariazell zur Wirtschaft. Der Abt musste im aufgehobenen Stift bis März 1783 auf sein Urteil warten. Dieses verfügte, dass er ohne Pen- sion ins Stift Melk eingereiht werde. Als Abt Urban von Melk am 17. Oktober 1785 starb, wurde Klein-Mariazell dem Stift Kremsmünster bis zur Tilgung der Schuld einverleibt (Dezember 1785). Kremsmünster stellte nun seine Kapitulare zur Administration der Wirtschaft und Pfarre nach Klein-Mariazell. Im

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