Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

325 erprobten Menschen Tage und Nächte zu verwenden versprochen hat. Dieses lohnt auch der Mühe, weil der Zehent das Herz des Stiftes ist und dabei nicht nur auf das Stift, sondern auch auf die nötige Unterstützung des Untertanen und zugleich auf einen Zufluchtsvorrat für das ganze Land Bedacht genommen werden muss. P. Friedrich Muttersgleich dankt auch gehorsamst für die Aufhebung der Akademie und bittet um mehrere Anstrengung des weltlichen Kanzleipersonals, macht Erklärung zu einer Ersparung der überflüssigen Musikantentruppe, tadelt die Unkosten für den Hofgarten und ist ganz Patriot gegen die Kremsmünsterische kostbare Orangerie. Und obwohl dieser Mann sonst nur Maschine ist, so merkt er es doch ganz gut, dass die Maschine schließlich ins Sto- cken geraten müsste, wenn man es ferner dulden würde, dass jeder Laienbruder, jeder Tag- werker, jeder Stallknecht in Kremsmünster einen ihn überhelfenden Substituten auf Unkos- ten des Stiftes beibehielte und man sie im Stift so zerstreut mit besonderen Deputaten her- umwohnen ließe. P. Balthasar Kröth, Kuchelmeister, will auch, dass die Kucheldeputate aufhören und die Kucheldienste in Geld sicher entrichtet werden. Er zählt genau 4321 Mäuler, von welchen das Jahr hindurch Stiftsbissen ohne den aus dem Keller gereichten Trunk hinweggerissen werden. Durch die künftigen Intertenimente wird dem ohnedies abgeholfen werden, wodurch aber auch der P. Kuchelmeister seines Offiziums sowie seiner Sorge entledigt sein wird. Einen ausnehmend guten Gedanken hat P. Berthold Höger, der Kellermeister, nämlich, dass die niederösterreichischen Weinberge verkauft werden sollen, denn sie bringen offen- bar Schaden; selbst der Stiftskeller soll verkauft werden und die Weintrinker sich den Wein von ihrem Interteniment kaufen. Beda Plank, der Rentmeister, ist ein verständiger, genauer, tätiger und wackerer Mann; seine Äußerungen schildern zutreffend die traurige Gestalt und Einrichtung der Kremsmüns- terischen Rentkasse. Die vom Stift erhaltenen Titulanten haben gebeten, dass sie menschlicher und priester- licher gehalten und auchnachMöglichkeit ihrer Kräfte noch etwas beschäftigt werdenmöch- ten. Ihre Gesuche sind schon von hoher Stelle durch das bischöfliche Konsistorium erledigt worden und werden diese Titulanten in Anfertigung der Bücherkataloge treffliche Dienste leisten. Auch ist der Prälat anzuhalten die Laienbrüder mehr zu den Diensten in der Sakristei und bei der Pforte zu verwenden und ihnen keine weltlichen Substituten zu geben. Die weltliche Standestabelle ist beim ersten Anblick „schröckbar!" einer verlasst sich auf den andern, sowie einer von dem andern in der Arbeit überhoben sein will. Um 1/2 10 Uhr früh trifft man in der Kanzlei öfter noch nicht alle an, die da sein sollten, um 3/4 11 wird schon zum Mittagessen geläutet und die sogenannten weltlichen Tafelbe- amten werden sowie die sogenannten Hofherren, nämlich die geistlichen Offiziale, zur Prä- latentafel gezogen. Dass diese Tafel länger und endlich immer solange dauert, bis es dem Prälaten beliebt aufzustehen, weiß jeder in Kremsmünster. Die Tafel wird aber den Beamten ins Salarium eingerechnet. Einige haben gebeten, dass ihnen doch das Geld dafür gegeben werde. Dann dauern noch die Aufwartungen fort, bis der Herr Prälat aus dem Speisesaal geht. Man kann denken, wie darnach die Arbeit geht. Aber um 5 Uhr nachmittags ist schon mancher in der Kanzlei nicht mehr zu treffen und um 3/4 6 Uhr wird ohnehin schon wieder

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