Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

320 Die Kommission brachte viel Leben nach Kremsmünster. Die Mittag- und Abendtafel wurde im Stift mit den köstlichsten Speisen, roten und weißen Weinen zum Überfluss ge- deckt. Nach demAbendessenwurden Extraweine aus dem Stiftskeller in dieWirtshäuser ge- bracht und dort bis in die späte Nacht getrunken, getanzt und komische Rollen gespielt (Stift- schronik). Die Amtshandlung währte vom 27. August bis 27. September. Nachdem im Stift alles aufgezeichnet worden war, begab sich die Kommission zur Inventur auf die Stiftsherrschaf- ten Pernstein und Scharnstein und an den Albensee. Auf der Rückreise nach Linz wurde die Herrschaft Weißenberg inventiert. Die Kommission kostete dem Stift 5508 fl. 11 kr. 2 ₰ . Die besondereRelationüber Akademie- und Studienauslagen ging schonnach der ersten Inventurwoche ab. Mit Resolution vom 13. August 1787 wurde (das Nordikum in Linz und) die Akademie in Kremsmünster geschlossen, die Verwandlung der Stiftplätze in Stipendien angeordnet. Da eine amtliche Verständigung dem Stift erst am 23. Oktober mit dem Präsidialschreiben vom 20. September zukam, waren die Studien am 3. September eröffnet worden. Gegen die Zu- satzworte im Präsidialschreiben: „sowie das Studium selbst von nun an aufzuhören hat" leg- ten Abt und Kapitel Verwahrung ein. Die Bürger hatten schon vorher ein Majestätsgesuch um Belassung der Studien überreicht, veranlasst durch eine Äußerung Eybels in Weinlaune, er könne leicht alle Linzer Studienanstalten nach Kremsmünster versetzen. Die Inventierung vollzog sich auf folgende Art: Sämtliche geistliche und weltliche Perso- nen, welche nur von weitemmit Besorgungen eines Teiles vom Stiftsvermögen oder mit der Verrechnung beschäftigt waren, wurden in Manifestationseid genommen und besonders denweltlichen nebst Meineidserinnerung auch die Erklärung von der reservatiomentalis auf das deutlichste vorgehalten. Aber auch die geistlichen Individuen wurden mit aller Art in die echten Begriffe vom Eid vor Abschwörung desselben eingeleitet. Der Pfarrer von Fischlham, P. Edmund Herzog, weigerte sich anfangs einen Manifesta- tionseid zu leisten, weil zu Salzburg auch die Priester nicht schwören dürften, schwur aber über gemachten ernstlichen Vortrag ganz gern. Auch bezüglich der weiteren genauen Verwaltung mussten die dazu in Verwendung Kommenden das Angelöbnis machen. Die Kremsmünsterischen Pfarren und Pfarrkirchen wurden gleichfalls inventiert. Geschätzt wurden sämtliche Stiftsgebäude auf 14.000 fl., die Kirchenpreziosen auf 29.000 fl., das in der Abtei und bei der Tafel vorfindliche Silber auf 45.000 fl., 10.000 Eimer Wein auf 60.000 fl.; der Gesamtvermögensstand rectiore calculo auf 2,960.208 fl. 36 kr. und nach Abzug der Passiven per 998.243 fl. 23 kr. 3 ₰ das reine Vermögen auf 1,961.965 fl. 12 kr. 1 ₰ . Alles wurde aufs Niedrigste geschätzt: zum Vorteil des Stiftes, soweit der nächste Zweck der Inventur in Betracht gezogenwird; zumNachteil, wenn an die Veräußerung gedacht war. Das Gebäude der Sternwarte war auf 1000 fl., alle Instrumente, Bilder, Sammlungen darin auf 1500 fl., die mit Edelsteinen besäte 8 ℔ schwere goldeneMonstranze wurde auf 4000 fl. geschätzt, gekostet hatte sie 40.000 fl.; ein Tafelservice auf 24 Couverts, um 26.000 fl. vom Stift gekauft, wurde geschätzt auf 6000 fl. (Stiftschronik). Die Einnahmen waren berechnet auf 103.260 fl. 47 kr. 3 ₰ , die Ausgaben auf 90.721 fl.

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