Rudolf Hittmair - Der josefinische Klostersturm

319 Der Korreferent Steyrer macht unter anderen die Bemerkung, dass das Gebäude mit Ausschluss der Kirche und aller Nebengebäude mit 38.600 fl. zu hoch geschützt sei, da doch die Erhaltung sehr viel koste und kaum um den dritten Teil ein Käufer sich finden werde; bei den größten Herrschaften werde in gerichtlichen Inventuren ein Schloss höchstens auf 4000 fl. angeschlagen (Linz 25. August 1787). Dagegen äußert sich Eybel vonKremsmünster aus (4. September 1787), er sei weit entfernt das Gebäude einemFab- rikanten nicht anders als um den Schätzungspreis überlassen zu wollen, ja es könnte an einen solchen sogar hinweggeschenkt werden, weil immer noch die Ersparung der Erhalt- niskosten dabei gewonnen würde. Übrigens müsste bei Festhaltung dieses Grundsatzes auch Kremsmünster, das ein kleines Städtchen ausmache, auf 4000 geschätzt werden. Es werde sich übrigens auch für Stift Wilhering leichter ein Käufer finden als für ein Schloss, zumal es inmehrere Häuser zerteilt sei, und bei einer Fabrikwürde alsbald einMärktchen entstehen. DieRegierung schließt demAkt 3 Risse des Stiftsgebäudes an undPräsidiumerwähnt, es solle das Stiftsgebäude wegen der nächstens bis auf 7 Geistliche herabfallenden Zahl des Konventes (vgl. S. 317) bald einem solchen Zweck zugeführt werden, ohne dadurch denVerkauf der Stiftsgüter zu „kreutzen", da die Gebäude-CorporaWilhering undOttens- heim der Lage nach gar wohl die Konvenienz eines Käufers ausmachen. Die Stiftungshofbuchhalterei referiert über diesen Präsidialantrag: „auch steht der Verkauf der Stiftsgüter in Kreutzen(!) diesfalls umso weniger imWege, als die beiden cor- pora Wilhering und Ottensheim mit ihren Untertanen und Realitäten der Lage nach gar wohl zum Verkauf geeignet und mit Ottensheim, welches ein Schloss hat, unter eine Ad- ministration gestellt werden könnten." — Ein klassischer Irrtum, hervorgegangen aus dem elenden Umstand, dass im Präsidialbericht das Zeitwort „Kreutzen" (— behindern oder stören), mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben, von der Hofbuchhalterei auf den Ort Kreutzen (bei Grein) gedeutet worden ist! Dieses Beispiel zeigt aber auch, wie schwierig es für die Regierung war nach Verordnungen zu arbeiten, und wie schwierig es ist eine aktenmäßige Geschichte daraus herzustellen. 78. Inventierung des Stiftes Kremsmünster. Über Befehl vom 25. August 1787 begab sich Eybel mit seinem aus 12 Personen beste- henden Kommissionspersonal am 26. August nach Kremsmünster, um es „so wie Garsten und Wilhering zu behandeln". In besonderer Relation sollte er über die Auslagen berichten, welche das Stift auf die Akademie und überhaupt auf Studien gemacht hat. Die Kommission begann ihre Tätigkeit, ohne dass die Konventualen wussten, worum es sich handle (? Stiftschronik). Die Hauptpersonen der Kommission waren nebst Eybel der Raitoffizier Petermandl, In- grossist Buchberger, Kommissionsaktuar Weinbrenner, Praktikant Kreuzer und Kopist Mos- hammer. Zur Abschätzung der Instrumente inder Sternwartewurde ein Student aus Linz, der eben die Physik absolviert hatte, berufen, zur Abschätzung der Gebäude einMaurer- und Zimmer- meister aus Wels, zur Schätzung der Weine zwei Wirte aus Wels, zur Schätzung der Pferde und des Stallviehes zwei Bauern und zwei Metzger aus der Umgebung.

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